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zum Kaspisee und Kaukasils ein buntes Völkergemisch nmspannte und daher vor
Alexanders d. Gr. Angriff leicht zerfiel. Westasien öffnete sich seitdem der Einwirkung
der höhern hellenischen Kultur, löste sich aber auch zugleich in seine nationalen
Bestandtheile aus und fiel dann gleich der übrigen hellenischen Welt bis an den
Euphrat unter die Herrschaft der Römer. Schon von den Parthern aus (Neupersischcs
Reich der Arsaciden, seit 235 n. Ehr. der Sassaniden) erhob sich eine Reaction gegen
das Abendland, eine völlige Umgestaltung erlitt jedoch Vorderasieu durch die den
Islam mit dem Schwert ausbreitenden Araber, welche in dem Chalifenreiche (Herrscher¬
sitz Damaskus, seit 762 Bagdad) zwar keine nationale, dafür aber eine religiöse
Einheit gründeten, die jedoch nach kurzer Blüthezeit nur noch der Form nach fortbestand,
seitdem sich im Chalifate verschiedene Sonderreiche bildeten (das der Ghasnaviden
961) und die türkischen Seldschucken ihre Sultanate darin errichteten. Seit dem
Auftreten des Islam trennte sich Vorderasiens Entwicklung mehr und mehr von der
Europas, die Kreuzzüge hinterließcn keine bleibenden Folgen, es verschloß sich aber
fast ganz, seitdem die Mongolen sich zu Herren eines großen Theils von Asien machten.
Dschlngiskhan, der ihre nomadischen Horden am obern Amur vereinigte, unterjochte
das nördl. China und Turan, von seinen Nachfolgern eroberte Mandschu Tübet,
Knblai (bei welchem der Venetianer Marco Polo von 1275—92 diente) seit 1259
ganz China und Hulagu stürzte 1258 das Chalifat zu Bagdad, worauf sich auch die
Osmanen in Kleinasien frei machten. Ein zweites großes Mongolenreich gründete
um 1370 Timur Tamerlan, der Beherrscher von Dschagatai in Turkestan, doch auch
dieses zerging rasch und nur in Turkestan hat sich die Herrschaft mongolischer Khane
bis heute erhalten, einer seiner Nachkommen aber, Babur, wurde 1526 der Stifter
des Reichs der Großmoguls in Delhi. Die Osmanen befestigten ihre Herrschaft
über den westl. Theil Asiens, Persien fiel in die Gewalt der Turkomanen und
nach des großen Schah Nadir Tode (1747) rissen sich die Afghanen von demselben los.
Die Versperrung Vorderasiens wurde für die Europäer der hauptsächliche Anstoß
zur Aufsuchung des Seewegs nach Indien und dadurch auch zur Begründung einer
Colonialmacht daselbst, welche zuerst die Portugiesen versuchten, die aber bleibend
nur den Holländern im 80 und den Briten in Vorderindien gelungen ist. _ Die
Russen haben sich seit dem 16. Jahrh. zu Herren des von ihnen entdeckten Sibiriens
und vieler wichtiger Grenzgebiete desselben sowie der Kaukasusländer gemacht.
§. 466. Die Religionen.
Die monotheistischen Religionen sind sämmtlich in Asien entstanden aber
außer dem Islam ist keine herrschend geblieben. Die meisten asiatischen Völker
haben ein reges religiöses Gefühl und bei manchen ersetzt die Religion sogar
andere Triebfedern, z. B. Ehre, Freiheits- und Vaterlandsliebe, die ihnen
fremd sind.
Von den Christen leben in Asien außer den Europäern in den Colonien
und den ,, Lateinern" und Griechen in Palästina, die sich über dem Grabe des Er¬
lösers tödtlich hassen, nur kümmerliche Reste der ältesten Kirche:
1) die Nest-irianer od. Chaldäer (sich selbst nennen sie Nazarener),
hauptsächlich iu Mesopotamien und Kurdistan, in Vorderindien heißen sie
Syrische od. Thomaschristen (am zahlreichsten um Travancore) ; — 2) Mono-
p Hy fiten: die Jakobiten in Syrien und Mesopotamien und die Armenier
in Armenien und zerstreut in den Handelsplätzen der Levante; — 3) die
Maroniten im Libanon. — Die sog. Johanneschristen um Basra ver¬
ehren nicht Christum sondern Johannes d. Täufer.
Die Jesidier od. Teufelsanbeter in Kurdistan sollen angeblich die ver¬
loren gegangenen 10 Stämme Israel sein.
Der Islam dagegen herrscht in ganz Westasien und ist auch nach Hin-
dostan und den Ostind. Inseln gedrungen; wohin er gekommen ist, hat er die