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einem Dorfe, wo die Pferde getränkt wurden, trat ein alter Kriegsmann an ihn
heran, reichte ihm in seinem Hute einen kühlen Trunk und sprach: „Trinken
Ew. Majestät und lassen Sie Bataille Bataille sein! Es ist nur gut, daß Sie
noch leben; unser Herrgott gibt uns schon einen Sieg wieder." Am Abend
fanden ihn die Offiziere auf einer Brunnenröhre sitzend, den Blick starr auf
den Boden geheftet und mit seinem Stocke Figuren in den Sand zeichnend.
Als der Rest seiner Garde vorbeimarschierte, brach er in Tränen aus und sagte:
„Kinder, ihr habt heute einen schweren Tag gehabt, aber nur Geduld, ich werde
alles wieder gutmachen."
e) Roßbach. Jetzt wandte sich Friedrich gegen die Franzosen, die in Thü¬
ringen standen. Am 5. November kam es bei Roßbach zur Schlacht. Friedrich
stand mit seiner Armee auf einem Hügel; die Franzosen, dreimal so stark, um¬
stellten diesen, um so den König und sein ganzes Heer gefangen zu nehmen.
Mit Musik zogen sie heran, und schon wurden Boten mit der Siegespost nach
Paris gesandt. Der König tat, als merke er nichts von der Gefahr, doch in
der Stille wurde alles zum Angriff vorbereitet. Um Mittag setzte er sich mit
seinen Generalen zu Tisch; plötzlich, um 2 Uhr, gab er Befehl zum Angriff. Im
Nu waren die Zelte und Feldkessel verschwunden, und die Soldaten standen in
Reih und Glied. Der kühne General Seydlitz warf zum Zeichen des beginnenden
Kampfes seine Pfeife in die Luft, und mit dem Rufe „Vorwärts!" sprengte er
mit seinen Neiterscharen unter die verdutzten Franzosen. Auf der anderen Seite
rückte Friedrich mit dem Geschütz und der Infanterie vor, und in zwei Stunden
war der Sieg entschieden. Die Franzosen flohen in ihrer Angst bis jenseit des
Rheines. In jenen Tagen entstand das Spottlied:
Und wenn der große Friedrich kommt und klopft nur auf die Hosen,
So läuft die ganze Reichsarmee, Panduren und Franzosen.
(Deutsche Jugend 4: Der schwarze Husar.)
d) Leuthen. Friedrich hatte keine Zeit, die fliehenden Franzosen zu ver¬
folgen; er mußte nach Schlesien. Dort waren die Österreicher mit einer Armee
von 90000 Mann erschienen. Als Friedrich mit seinem kleinen Heere von
33000 Mann heranrückte, spotteten die Österreicher und nannten es die „Berliner
Wachtparade". Aber diesen Spott sollten die Österreicher bald teuer bezahlen.
Mit dem Gesäuge frommer Lieder zogen die Preußen am Morgen des 5. De¬
zember dem Feinde entgegen. Ein Adjutant fragte den König, ob er den Sol¬
daten das Singen verbieten solle. „Laßt Er das!" entgegnete der König und
wandte sich dann an Zielen mit der Frage: „Meint Er nicht, daß ich mit solchen
Truppen siegen werde?" Der Kampf begann. Nach drei Stunden hatte Fried¬
rich den Sieg errungen. Am Abend stimmte ein alter Grenadier mitten auf
dem Schlachtselde das Lied an: „Nun danket alle Gott!" und die ganze Armee
sang das schöne Lied mit. (Deutsche Jugend 5: Der Choral von Leuthen.)
4. Tie Jahre 1758 und 59 waren für den großen König recht unglücklich
ausgefallen. Zweimal mußte er gegen die Russen kämpfen. Bei Zorndorf (1758)
siegte er zwar, aber bei Kunersdorf (1759) wurde er geschlagen. Auch war er
(1758) bei Hochkirch, wo er unvorsichtigerweise ein offenes Lager bezogen hatte,
von den Österreichern überfallen worden und hatte dort große Verluste gehabt.