Die Zeit des noch lebenden Geschlechtes.
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König Ferdinand, der in Sicilien unter einer für ihn lästigen und
drückenden englischen Vormundschaft regiert hatte und sich im Jahre
1812 eine Constitution hatte aufdrängen lassen müssen, auf dem Fest¬
lande, um den ihm entzogenen Theil seines Reiches wieder in Besitz zu
nehmen, worauf auch die sicilische Constitution ausgehoben wurde. Mürat
ging nach Frankreich, begab sich von da, als Napoleon gestürzt war,
nach Corsika und machte darauf einen abenteuerlichen Versuch zur
Wiedereroberung des verlorenen Thrones, der ihm, als er in Calabrien
gefangen worden, durch kriegsrechtlichen Spruch den Tod brachte. Der
Anblick der langen Reihe von Stürmen, welche die Welt durchtobt hat¬
ten, das Gefühl des Dankes für die Beseitigung der Gefahren lenkte
die Blicke der drei Monarchen, welche die Ungunst der Ereignisse reich¬
lich empfunden und ihre Völker zum Kampfe für die Wiederkehr einer
bessern Zeit in den Kampf geführt hatten, empor zu dem Herrn der
menschlichen Geschicke, der Fürsten und Völker durch den Gewaltigen
gezüchtigt und dann über ihn selbst ein erschütterndes Gericht gehalten
hatte. Das Getriebe einer nach dem Vortheil lüsternen SLaatskunst
zeigte sich ihnen so klein und unwürdig, daß sie in dem sogenannten
heiligen Bunde, den sie nach Alerauders Plane am 26. September
1815 schlossen, die Absicht beurkundeten, fortan in der Regierung ihrer
Völker und in den Verhältnissen zu fremden Staaten die Lehren der
christlichen Religion zur Richtschnur zu nehmen, die das wahre Mittel
zur Verbesserung menschlicher Einrichtungen enthielten.
XXX.
Die Zeit des noch lebenden Geschlechtes.
1. An den Sturz Napoleons hatten sich Hoffnungen auf eine all¬
gemeine Erneuerung der staatlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse in
Europa geknüpft. Vielen Fürsten war die Negierung ihrer Länder
wiedergegeben, die Völker brauchten nicht mehr ihr Blut für eine ihnen
fremde Sache zu vergießen und die Staaten konnten sich wieder nach
den eigenen Bedürfnissen ordnen. Mit der Befestigung dessen, was so
lange nach dem Worte eines Einzigen gewechselt hatte und von seinen
Streichen stets mit Untergang bedroht gewesen war, ließ sich Heilung von
lange blutenden Wunden erwarten, und froh konnte man den Segnungen
entgegensehen, die der endlich wiedergekehrte Friede entfalten würde.
So mächtig das Verlangen nach ruhigem Genuß der in geordnetem
Staatswesen von den rechtmäßigen Herrschern geschützten Güter des
Lebens war, so gährte in Europa doch noch mancherlei, was mit dem