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zu Räubereien geneigt, weil sie, wie Kinder, alles ha¬
ben wollen, was sie sehen. Zahlreiche Heerden sind ihr
höchster Wunsch, und um sie zu erlangen, erlauben sie
sich Räubereien. Zu ihrem Schutz sind sie bewaffnet;
und wenn sie am Abend um die Zurte gesammelt sind,
so werden sie bei'm Anbruch der Nacht höchst sorgsam
bewacht. Sie patroulliren zu Pferde, mit der Pike be¬
waffnet, von ihren Hunden begleitet, die durch ihr Ge¬
bell, wie sie selbst durch ihr Geschrei, Räuber und Wölfe
verjagen, und es ist höchst selten, daß es einem Wolf
gelingt, die wohl bewachte Heerde zu berauben.
Der Kirgise duldet keine Art von Abhängigkeit und
Unterwürfigkeit, und obgleich die Horden eine Art von
Oberhaupt haben, Törrö genannt, so findet mau doch
nicht, daß sie ihm besondere Ehre erweisen, oder seine
Befehle annehmen. Erhält der Törrö ein Geschenk, so
verlangt der Kirgise seinen Theil davon, und reißt es
ihm wohl aus der Hand, wenn es nicht gleich gegeben
wird. Er giebt sich jeder Leidenschaft hin, und daher
sieht man ihn in der einen Stunde wüthend bis zur
Raserei, und in der andern saust und freundlich.
Wenn ein Fremder in eine kirgische Jurte kommt,
so darf er sie als die seinige ansehen, so hoch halten sie
die Rechte der Gastfreundschaft. Ohne Umstände nimmt
er den Platz ein, der ihm gefällt, und indem er seinem
Wirth den Taback reicht, ist er in seinen Augen der
beste Mensch von der Welt, und darf sich auf seinen
Schuh und seine Ergebenheit verlassen. Schenkt er der