Full text: Schleswig-Holstein und Lauenburg

Umschau in Schleswig-Holstein. 
Inseln. Felsen und Gletscher und Lawinen und Gebirgsmoose und Nadelholz 
: dgl. giebt es natürlich in diesen unsern kleinen Höhenzügen nicht; im Gegentheil 
ist essehr warm und behaglich, in ihnen zu wohnen; denn es gedeiht Alles ganz 
besonders reichlich und üppig in ihnen, und der Pflug geht bis zu ihrer höchsten 
Spitze hinauf. Doch aber hat es oft auch im Innern dieser kleinen Höhenzüge 
ein ziemlich anderes Ansehen wie in den Landstrecken, die sie umgeben; das 
ueht man am allerbesten in den Hüttener Bergen, die von der Chaussee 
zwischen Rendsburg und Schleswig sich mit ihren Bergspitzen von fern wirk¬ 
lich wie ein kleiner Zweig des Harzgebirges ausnehmen. In ihren engen, 
sä'luchtartigen Thälern fühlt man sich plötzlich, als weilte man in einem 
fremden Lande; ihre dunklen, zahllosen Wälder und Wäldchen, welche auf 
steilen Höhen hinansteigen, haben etwas an's Gebirge Erinnerndes; kleine 
' aenflüßchen rieseln schnell wie matte Bergströme an dem Wanderer dieser 
e gen Thäler vorüber; fortwährend geht man bergauf und bergunter; die 
Spitzen der Hügel heben sich kahl und dünn bewachsen über die Hölzungen 
empor, und oft liegen einsam und zerstreut kleine Wohnungen wie Senn- 
I litten eben unterhalb im Schutze der Gipfel, wie denn überhaupt statt 
Zusammenhängender Dörfer die Häuser einzeln oder in kleinen Gruppen durch 
das ganze seltsam ungleichartige Terrain verstreut sind. 
Es ist also der letzte Abfall, die letzte Stufe Norddeutschlands in's Meer, 
was wir unser Vaterland nennen, und da ist es denn natürlich, daß das 
Meer, welches uns so nah' umgiebt und umschlingt, eine außerordentliche 
Wirkung auf unser Ländchen ausübt und von jeher ausgeübt hat. Wirft 
man einen Blick auf die Landkarte, so scheint unser Land ein schmaler Damm 
zu sein, der von der Natur dazu bestimmt ist, die Ostsee von der Nordsee zu 
trennen, und gegen den deshalb beide Meere alles Mögliche versucht haben, 
um ihn zu durchbrechen. Die Ostsee hat eine Menge tiefer Buchten bis in's 
Innerste des Landes hineingeschnitten, und an den Endpunkten dieser Buchten, 
wo gewöhnlich gute Häfen sind, liegen eine Reihe mehr oder minder lebhafter 
Handelsstädte. Zwischen je zwei Buchten liegt eine Halbinsel mit hügeligem, 
sehr ergiebigem Thonboden, gewöhnlich voll von adeligen Gütern oder größe- 
'n Höfen. Ganz anders dagegen ist die Westseite des Landes, wo die Nordsee 
und der große meerartige Elbstrom ihren Einfluß geltend machen. Sie haben 
mit ihrem ungleichartigen Wafferstande, mit ihrer Ebbe und Fluth, alle 
Augenblicke das Land überschwemmt; sie haben mit ihren Stürmen ganze 
Landstrecken weggerissen und vertilgt; sie haben an der Küste entweder große 
bis zu 32z m (100 Fuß) hohe Berge von Flugsand aufgethürmt, auf denen 
Lichts wächst und Nichts lebt, oder große, weite Masten von Schlamm und Schlick 
mit ihrer thonreichen Woge aufgehäuft, durch die dann die kleinen Flüsse sich 
kaum noch bis in's Meer durcharbeiten können. Ist der Schlamm so hoch 
geworden, daß Etwas darauf wachsen konnte, so hat man ihn mit großen 
Dämmen umgeben oder, wie man sagt, eingedeicht und ihn in Acker- und 
Weideland verwandelt. Das so vom Meere geschenkte, fruchtbare Land nennt 
m m Marsch und es ist von Menschen dicht bewohnt, die besonders der außer- 
- entlich reiche Graswuchs zu reichen Leuten macht, indem seine Weide ein
	        
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