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Hutten nach Italien. Seine Rückkehr. Seine Reden gegen Ulrich von Württemberg.
Wollte sich Deutschland jetzt bloß literarisch betätigen, so würde das freilich eine neue, viel¬
leicht schlimmere Einseitigkeit sein. Aber so ist es nicht, nach beiden Kronen ringt Germanien."
Daß ihm eine Rolle in dieser Entwicklung Deutschlands bestimmt war, ist ohne Zweifel dem
jungen Manne von starkem Selbstgefühl gewiß gewesen. Mit diesen Gedanken ging Hutten
nach Italien. Alles, was er dort sah und hörte, war nur geeignet, solche Gedanken zu
einer der gesunden Anschauung der Dinge gefährlichen Art zn steigern.
Voll Zorn über die bestehenden kirchlichen und politischen Verhältnisse kehrte Hutten
wahrscheinlich im Jahre 1514 nach Deutschland zurück. Auch hier waren seine nächsten
persönlichen Beziehungen nicht geeignet ihn milder zn stimmen. Zwar hatte der Vater seinen
Zorn etwas besänftigt, als der Sohn sich allmählich einen Namen machte; aber einen Li¬
teraten als Sohn anzuerkennen, hatte er doch keine Lust; nur wenn er sich dem Rechts¬
studium ergebe und so Hoffnung auf eine ordentliche Laufbahn im Staate erwecke, schien er
ihn aufnehmen zn wollen. Darum hatte sich Ulrich in der letzten Zeit seines italienischen
Aufenthaltes etwas der Rechtsstudien beflissen und die Unfrucht¬
barkeit dieser Arbeit hatte auch beigetragen, ihn gegen eine
Seite des Bestehenden noch mehr aufzubringen. Als er nun
aber, ohne graduiert zu sein, nach der Heimat zurückkehrte,
war der Empfang der Seinen sehr kühl. Zwar vermittelten ihm
Frowin von Hutten und Ulrichs alter Beschützer, Eitelwolf
von Stein, bei ihrem jungen Gebieter, dem eben erwählten
Erzbischof von Mainz, Albrecht von Brandenburg, eine Unter¬
stützung von 200 Goldguldeu; aber auf eine Stellung am Hofe
bot man ihm doch nur dann Aussicht, wenn er seine juridischen
Stndien in Italien zu einem Abschlüsse bringen würde. Also
selbst an einem so gebildeten Hose wie dem Albrechts hing man
am diesem elenden Titelkram. Hutten war indigniert.
Gleich als ob alles zusammenkommen sollte, Hutten zur
revolutionären Opposition heranzuziehen, siel in die Zeit nach
seiner Rückkehr nach Deutschland die Ermordung Hanns von
Huttens durch Ulrich von Württemberg. Während die übrigen
Familienglieder und Standesgenossen Roß und Mann rüsteten, griff Ulrich nach der Feder.
Er bleibt in der Rede wider den Herzog Ulrich, mit welcher er den Vorbereitungen der Seinen
zu Hilfe kam, nicht bei gerechten Anklagen stehen, es genügt ihm nicht, in dem Unwillen, in
den sich die Nachahmer der Antike so leicht versetzen, den Württembergs mit Ausdrücken, wie
„hyrkanischer Tiger", zu einem Scheusal auszumalen; die Abstraktionen eines revolutionären
Denkeus machen sich hier in ihm geltend. Der Redner sordert den Tod des Mörders, un¬
geachtet er ein Fürst sei; denn gleichmäßiges Recht müsse allen gewährt werden, kein Vorrecht
dürse dem Urteil in den Weg treten; der Herzog von Württemberg habe sein landesherrliches
Recht durch seine Tyrannei schon längst verwirkt. Zuerst habe er durch sein Verfahren
einen Aufstand im Lande hervorgerufen und dann habe er ihn blutig unterdrückt, das Volk
müsse von ihm befreit werden. In der zweiten Rede wider Herzog Ulrich, welche Hutten
nach Jahresfrist erscheinen ließ, ist er schon nicht mehr im Zweifel, daß, wenn Kaiser und Fürst
das Schwabenland nicht von seinem Tyrannen befreiten, die Untertanen sich zu rühren hätten.
Im Herbste 1515 hatte sich Hutten wieder ausgemacht, die unterbrochenen juridischen
Studien in Italien fortzusetzen; allein ohne Gradus kehrte er im Sommer 1517 nach Deutsch¬
land zurück.
Ulrich v. Tuffen.
Ncich einem gleichzeitigen Holzschnitt,