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Drittes Kapitel: Größe der Erde.
des Quadranten, oder des Sextanten*), leicht und sicher
bewerkstelligen läßt. Da nun, wegen der Kugelgestalt der Erde,
dieser Stern sich um so viel weiter über den Horizont erhebt,
je weiter nach Norden, und um so tiefer nach demselben herab-
si'nkt, je weiter nach Süden man auf der Erde fortschreitet, so
darf man nur die Messung so weit fortsetzen, bis man zu dem
Punkte gelangt, wo der beobachtete Stern gerade um einen Grad
höher (wenn man von S. nach N.), oder tiefer (wenn man von
N. nach S. die Messung unternommen hat), am Himmel steht,
als an dem Punkte, von welchem auS man zu messen begann.
Da auf diese Weise die Gradmessungen den einzig mögli¬
chen und richtigen Weg an die Hand geben, die Größe der Erde
zu bestimmen, jo hat man schon in sehr frühen Zeiten versucht,
auf diese Art die Größe derselben zu ermitteln. Allein alle frü¬
her» Messungen waren, theils wegen mangelnder Vorkenntnisse,
theils wegen mangelhafter Instrumente, mehr oder weniger un¬
zuverlässig. Der Erste, welcher hierbei mit mehr Umsicht und
Sorgfalt zu Werke ging, war Picard, und nach dem non
ihm 1669 gemessenen Meridiangrade von Paris bis Amiens
hat man den Umfang, und nach diesem die übrigen Aufgaben
bei Bestimmung der Größe der Erde berechnet. Die Größe eines
gemessenen Grades ergab sich zu 15 geographischen oder deut¬
schen Meilen, so daß der Umfang der Erde auf 5,400 Meilen
dadurch festgestellt wurde.
Unter den später vorgenommenen Gradmessungen ist keine
berühmter geworden, als diejenigen, welche in Quito in Süd¬
amerika, in der Nähe des Äquators, von 1735 bis 44, und
in Tornea in Schweden, in der Nahe des Nordpolarkreises,
von 1735 bis 37, durch die Academie der Wissenschaften zu
Paris auf königliche Kosten veranstaltet wurden, weil sich durch
dieselben ergab, daß die Länge der Grade unter dem Polarkreise
etwa 4,200 Fuß größer sei, als unter dem Äquator, und folg¬
lich die von Newton ausgestellte Behauptung, daß die Erde
nach den Polen zu abgeplattet sei, vollkommen bestätigt wurde.
*) Letzteres astronomische Instrument ist bestimmt, die Winkel zweier
Gegenstände, in jeder Riebtung gegen den Horizont, selbst dann zu
messen, wenn der Beobachter keinen festen Stand hat, ein Um¬
stand, welcher den Gebrauch desselben besonders auf Schiffen sehr
erleichtert.