Zweiter Abschnitt. II. Festland der Alpen. 2. Italien. 99
haben. Die stolze Stadt an der Tiber, die ehemalige Weltbeherrsche¬
rin, legte ihm diesen Namen bei. Trotz aller erlittenen physischen und
politischen Umwälzungen bleibt es noch immer ein reizendes Land, der
Sitz der schönen Künste, der Meisterwerke des Alterthums, der Gegen¬
stand des Verlangens der Ausländer. Es breitet sich in der südlichen
Halste der gemäßigten Zone zwischen 23 Gr. 19 Min. und 36 Gr.
15 Min. östl. Lange, und zwischen 35 Gr. 50 Min. und 46 Gr.
20 Min. nördl. Breite, in einer Ausdehnung von etwa 165 Ml. in
der Lange (ohne Sicilien) und 20 — 30 Ml. in der Breite aus, ist
auf allen Seiten natürlich begrenzt, und zwar in Norden durch die
Walliser, Graubündter, Tyroler, Karnischen und Julischen Alpen; in
Süden durch das Genuesische '(Ligurische), Toscanische und Ionische
Meer; in Westen durch die Dauphineer und Savoyer Alpen; in Osten
aber durch das Adriatische Meer. Innerhalb dieser Grenzen hat Ita¬
lien (ohne die Inseln) einen Flächenraum von 4500 O..M., mit den
Inseln aber 5600 Q. M.
2. Oberfläche, Boden.
Die ganze Halbinsel scheint von der Natur an den Fuß einer
hohen Gebirgskette hinangebildet zu seyn. In Norden und Westen
trennen es die himmelhoch steigenden Alpen von dem übrigen Festlande
Europa's. Von diesen Alpen ziehen sich in südöstl. Richtung die Apen»
ninen durch das Land, und setzen selbst nach Sicilien über. In N.O.
sind die Küsten flach, sonst fast überall hoch und felsig. Der nördliche
Theil des Landes bildet fast eine wagerechte Ebene mit schwerem, gut
bewässerten Boden, was dem übrigen Italien fehlt. Südlicher wechselt
Thon mit Kalkerde, hier und da flndet sich auch Sand und wieder
fruchtbares Erdreich. In manchen Gegenden, als bei Carara, geht der
Kalk in den reinsten Marmor über. Die südwestliche Seite der Halb»
insel ist dagegen ganz vulkanischer Natur; da weicht der Kalk der Lava,
dem Bimsstein, Schwefel und Alaun, und der Garten Europa's wird
eine öde Steppe. Auch gibt es einzelne ungesunde Landstriche, z. B.
bei Siena, am meisten in der Umgegend der PontinischeN Sümpfe.
Die Abruzzen sind besonders ein merkwürdiges und militärisch
sehr wichtiges Bergland im nördl. Theile des Königreichs Neapels, wel¬
ches von dem höchsten Kamme der Apeninnen durchzogen wird. Zum
Theil ist dieser Gebirgszug sehr hoch, hat steile Abhange, so daß da¬
durch die Verbindung im Inneren außerordentlich erschwert ist. Die
hier entspringenden Waldbache Tronto und Trontino schwellen oft
so an, daß sie alle Brücken und Communicationen zerstören. Die
Abruzzen sind in der That als ein strategisches Bollwerk zu betrachten,
welches, bis 15 Ml. in den Kirchenstaat vorspringend, nur eine beschwer¬
liche Straße hat. Dabei ist das Klima sehr rauh; bis in den April deckt
Schnee die Gebirge, über die gar kein Paß führt; sparsam gewinnen
die 600,000 Einw. Getreide, und sind mehr Hirten als Landbcbauer.
Lagen auch die beiden Festungen Aquila und Pescara hier nicht,
so würde Neapel bei mebr Tapferkeit dieß Land dennoch vertheidlgey
können. Auch Ea-läbrikn dtrdirnt hier einer besonder« Erwähnung.