35
nienburger Thore bis zum Hallischen reicht, wo sie in den
zirkelrunden Platz von Belle-Alliance ausläuft. Sie
durchschneidet auch die Leipziger Straße, welche in dem
Leipziger Platze endigt, wo die königliche Porzellanfabrik
steht, aus der jährlich gegen 440,000 Geschirre kommen,
die sich durch geschmackvolle Formen, wie durch schöne Ma¬
lerei auszeichnen. Zu erwähnen ist noch der Gensd'ar-
merie Platz, in dessen Mitte zwischen zwei mit kup¬
pelförmigen Thürmen versehenen Kirchen das königliche
Schauspielhaus steht. Auf dem mit Bäumen besetzten
Wilhelmsplatze stehen die Marmorbildsäulen von sechs
berühmten Feldherrn Friedrichs d. Gr. aus dem 7jährigen
Kriege, Schwerins, Keith's, Winterfeld's, Seidlitz's, Zieten's
und des alten Dessauer. Wie Berlin an Kunstschätzen und
an Vildungsanstalten aller Art reich ist, so auch an Wohl¬
thätigkeitsanstalten (das große Krankenhaus und die Irren-
heilanstalt, die Charite). Der Verkehr ist hier lebhaft,
die Hauptstraßen sind immer belebt, wegen der breiten und
weiten Bauart entsteht hier aber nicht ein solches Menschen¬
gewühl wie in andern größern Städten. Die Gewerbsamkeit
in Berlin ist sehr groß, es fehlt nicht an wichtigen Fabriken
z. B. die königliche Eisengießerei, welche die mannichfal-
tigsten Gebilde, Großes wie Kleines, in sehr geschmackvoller
Weise liefert; ferner Färbereien, Seidenwebereien, Gold-
und Silberarbciten, Steingut-, Wollen- und Baumwollen-,
Leder-, Tapeten- und Papierfabriken u. s. w. Für den
Handelsverkehr sind besonders die vielen Eisenbahnen wichtig,
welche in Berlin einmünden und meistens mit electro-magne-
tischen Telegraphen verbunden sind.
Berlin ist der Geburtsort der Gebrüder (Wilh. und Alex.)
von Humboldt, des Geschichtsforschers Brcdow, der Künstler
Schadow und Rauch, der Dichter Tieck, Rellstab und v. Arnim,
des Schauspielers Devrient und des Generals Grolmann u. s.
w. Berlin hat viele Gelehrte und Dichter außerdem in sei¬
ner Mitte gehabt, wie Fichte, Hegel, Schleiermacher, Mar-
heinecke, Reander, Lachmann, Chamisso, Eichendorf, und hat
noch tüchtige Männer in seinem Weichbilde, wie Schelling,
Raumer, Böckh, Ritter, Ritsch, Ranke, Sydow, Ionas u.
s. w. Berlin bietet für geistige Bildung in Kunst und Wis¬
senschaft sehr viel, während die Natur sie kümmerlich ausge¬
stattet und ihr vieles versagt hat. Doch es fehlt nicht an
Belustigungsorten für das Volk. Zur Erheiterung desselben
dient besonders der Thiergarten vor dem Brandenburger
Thore, er ist das Ein und das Alles der Berliner. Er dehnt
sich fast eine Meile weit aus, ist ein 1820 Morgen großer
Lustwald mit anmuthigen geraden und geschlängelten Laub-
3 *