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nackter Erd- und Steinboden, eine ausgebrannte, verlassene Stätte,
eine Wüste und Ocde, die kein lebendes Wesen zu ernähren im
Stande wäre. Das liebliche Grün der Pflanzen, die blumige
Wiese, die wogende Saat, der schattige Hain, wie anders ent¬
zücken sie unser Auge, wie reichlich lohnen ihre Früchte, wie man-
nichfach verschönern sie unser Leben! Nur Samojeden und Eski-
nio's, die Bewohner des kalten Nordens, von ewigem Eis und
Schnee umgeben, wo die vegetabilische Decke fehlt, nur sie ent¬
behren des freundlichen Anblicks und fühlen nicht, was ihnen
abgeht. Kaum reicher an Pflanzen sind einige Wüsten und Steppen
der Erde, deren Vegetation meist sehr dünn ist und nur auf kurze
Zeit den Boden spärlich bekleidet. Der unstete Nomade ist genö¬
thigt, unabsehbare Strecken derselben mit seinen Heerden zu durch¬
ziehen, will er nicht mit ihnen vor Hunger und Durst umkommen.
Wie ganz anders finden wir's bei uns, und noch bedeutend reicher
ist die Vegetation der Inseln und Länder der heißen Zone! Ans
den Inseln der Südsee genießen die Bewohner die herrlichen
Früchte des Brodbaunics, der Palmen, des Paradicöbaumes und
vieler andern fast ohne alle Bemühung. Einige der Philippinen-
Jnsel» sind im Uebermaße fruchtbar, denn 4 Mal werden da¬
selbst die Nahrungspflanzen eingeärndtct, nämlich 2 mal Reis,
einnial Melonen und einmal Mais.
2. Als Gott das Meer und das trockene Land ans der Erde
von einander gesondert hatte, sproßten auf sein Geheiß Gras und
Kräuter, Sträucher und Bäume aus dem Boden hervor, die Sa¬
men hervorbrachten nach ihrer Art. Fortan sollten die Pflanzen
sich selbst mehren und verbreiten, selbst ihre Samen ausstreuen,
wachsen, blühen und Frucht tragen. Das ist der Wille des Schöpfers;
so war cs im Anfange, so vor der Sündfluth, so ist es noch jetzt.
Aus dem Samen entwickelt sich der Keim, der das zarte Würzel-
chcn in die Erde hinabsenkt und die ersten Blättchen des jungen
StengelchcnS aufwärts treibt und der atmosphärischen Luft über¬
gibt. Die Wurzeln nehmen aus dem Boden, die Blättlein ans der
feuchten Luft die nöthigen Nahrungsstoffe ans, verarbeiten diesel¬
ben in ihrem Innern auf eine geheimnißvolle, uns unbegreifliche
Weise, werden größer, stärker, blattreicher, treiben Knospen, ent¬
falten die Blüthen und setzen Früchte an, welche nach und nach