Object: Leitfaden der allgemeinen Weltgeschichte

§ 215. Frankreich von der Restauration bis znr Republik. 601 
den Herzog Heinrich von Bordeaux, der bei den Legitimisten als 
der rechtmäßige König Heinrich V. gilt. Derselbe mußte 1830 mit 
Großvater und Oheim ins Exil wandern und lebt noch unter dem Namen 
eines Grafen von Chambord in Österreich. Karl X. starb 1836 
in Görz an der Cholera. 
2. Lonis Philipp war der älteste Sohn jenes Herzogs Lndwig 
Philipp von Orleans, der sich durch seine Ränke gegen die Bourbonen, 
seine Sittenlosigkeit und seinen wütenden Republikanismus besannt 
machte, sogar für dm Tod seines Vetters Ludwig XVI. stimmte und 
doch der Guillotine nicht entging. Er diente in den Reihen der Repn 
blik als General (Sgalite und zeichnete sich mehrfach aus, wurde aber 
wie Dumonriez, dessen Korps er zugeteilt war, verdächtig, sollte ver¬ 
haftet werden und trat deshalb mit seinem Chef, nach der Schlacht bei 
Ne er winden, auf österreichisches Gebiet über. Er ging in die 
Schweiz und nahm, als ihm die Mittel zum Unterhalt ausgegangen 
waren, eine Lehrerstelle im Kollegium in Reichenau, im Kanton 
Graubüiiden an, nachdem er sich dem hierzu erforderlichen Examen 
unterzogen hatte. Dort nannte er sich Chabaud-Latour. Als es 
ihm aber gelungen war, sich wieder einige Mittel zu verschaffen, verließ 
er Reichenau und bereiste Dänemark, Schweden und Norwegen, kam 
bis nach Lappland und lebte einige Zeit in Hamburg. In dieser Zeit 
studierte er namentlich Bergbau- und Forstkunde. Von dort ging er 
nach Amerika und kehrte 1800 nach England zurück, wo er sieben Jahre 
lebte. Auch nach Sizilien und Spanien kam er und erhielt die Prin¬ 
zessin Marie Amalie, die Tochter Ferdinands I. von Sizilien, 
zur Gemahlin. In Spanien versuchte er durch eine Proklamation 
einen Ausstand gegen die uapoleonische Herrschaft zu organisieren, was 
aber mißlang. Nach der Restauration erhielt er von den Bourbonen 
feine Güter wieder und lebte in scheinbarer Zurückgezogenheit. Er war 
bei den Franzosen deswegen beliebt, weil er nie gegen Frankreich ge- 
hatte' tm ®e9enteU im Dienste der Republik sich vielfältig ausgezeichnet 
3. Louis Philipp hatte als kluger Hausvater beschlossen, von 
seiner Zivilliste zu leben und deshalb vor seinem Regierungsantritt fein 
bedeutendes Vermögen in rechtskräftiger Weise seiner Familie übergeben 
Als er aber verlangte, daß die Dotation des Herzogs von Orleans bei 
semer Vermählung mit der Herzogin Helena von Mecklenburg 
(1837) von einer Million Franken auf zwei Millionen erhöht, feiner 
Tochter, der Königin der Belgier, eine Million als Heiratsgut 
ausbezahlt^ werde und dem Herzog von Nemours, einem jüngeru 
Sohne, die Einkünfte von zwei bedeutenden Domänen angewiesen wer¬ 
den sollten, da gab sich eine steigende allgemeine Mißbilligung zu er¬ 
kennen, welche auch die Opposition in der Kammer kräftigte und ver¬ 
hinderte, daß die Dotation für den Herzog von Nemours erlatiqt wer¬ 
den konnte. 
4. Abd et Kader, ein junger Marabut (eine gewissermaßen ge¬ 
heiligte pneflerliche Person), wurde von mehreren arabischen Stämmen 
zum Emir gewählt und fügte den Franzosen vielen Schaden zu , so daß 
sie sich mit ihm auf einen guten Fuß setzten und Waffenstillstand chlosfeu, 
den er dazu benützte, noch mehrere Stämme sich unterwürfig zu machen. 
"r“!1’1 roani)te er sich wieder gegen die Franzosen und zwar mit so viel 
CHudf, daß man mit ihm den Frieden an der Tafna (1837) ab- 
Ichlteßeii mußte, wonach er unter französischer Oberhoheit die Herrschaft
	        
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