Aegypten. 371
höchst wohlthätig, daher der Gegenstand aller Gespräche.
Ein eigener Scheck ist bestellt, an einer im Nil stehenden
Säule das Steigen des Wassers zu beobachten, und ec
bringt erst dem Pascha, dann den Bürgern der Haupt¬
stadt Cairo die Nachricht — eine Nachricht, auf welche
jeder ängstlich gespannt ist. Steigt nämlich der Nil nicht
16 Dea (12 Ellen), so gibt es ein Hungerjahr; 16 Den
geben ein schlechtes Jahr, 18 ein gutes Jahr, 20 bis 22
ein reiches Jahr; steigt aber der Nil 24 Dea und darü¬
ber, so ist das auch nicht gut. Viele Kanäle an beiden
Seiten des Nils führen das Wasser in die entfernten hö¬
heren Gegenden. Sobald das Land im November wieder
frei ist, bedeckt dasselbe ein fetter Schlamm, ohne welchen
der Boden unfruchtbar seyn würde, und auf der Stelle
beginnt die Einsaat im November, und obschon dann die
Baume ihr Laub verlieren, so erhalten sie bald neues,
die Wiesen grünen nach einigen Tagen, und Ende Ja¬
nuars hält man die erste Ernte, im April schon die zweite.
Der Winter ist die angenehmste Jahrszeit.
Schon in alten Zeiten war Aegypten die Kornkammer
des römischen Reiches. Man baut in Oberägypten beson¬
ders Weizen (Wunderweizen, auch Io se p s weizen ge¬
nannt , da aus einem Korn mehrere Halme mit einer
tauptahre und kleineren Nebenahren wachsen, und der
rtrag 30, 50, 100 bis 150 fällig ist), in Unterägypten
Reis mit 100 faltigem Ertrage, ferner Durra (india¬
nische Hirse, ein sehr ergiebiges Brodkorn für den ge¬
meinen Mann, dessen starke Stengel sogar zum Hauser-
bau dienen), Baumwolle, Zuckerrohr, Kaffee, Indigo,
Flachs und Hanf, allerlei Südfrüchte. Die Papyrus¬
staude am Nil ist jetzt seltener, eben so hat man wenig
Wälderund starke Bäume, Häuser bauet man aus Steinen
oder Lehm, und zur Feuerung braucht man getrockneten
Mist, Stoppeln, Stengel und Schilf. Zahreich ist die
Dattelpalme; viele tausend Menschen nähren sich das
ganze Jahr von Datteln, auch werden die Datteln ein¬
gemacht verschickt, andere zu einem Branntwein benutzt,
und mit gemahlenen Datteln füttert man die Kameele.
Noch liefert das Pflanzenreich alle europäischen Gemüse -
und Obstarten von besonderer Güte, Lotus, Oliven, Pha-
raonsfeiaen, Joannisbrod, Aloe, Jalappa, Tabak, ara¬
bisches Gummi. Das Thierreich hat Löwen und Tiger,
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