Full text: Das Königreich Hannover

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des dortigen adligen Gutes deckte, ist mit dem darunter be¬ 
findlichen Dielen- und Sparrenwerke in Masse aufgehoben und 
Stücke davon, die zwanzig Pfund wogen, find gleich Federn 
dreißig Minuten weit weggeflogen. 
Aber nicht auf den Deister allein beschränkte sich die 
Windsbraut; sie hatte zwar Eckerde verlassen, allein sie war 
nicht verschwunden, sondern stürmte gegen Hannover zu, wo 
sie ihre Wuth an der Herrenhäuser Allee, den schönen 
Gartenumgebungen derselben und dem Stadtforste ausließ, und 
eilte dann in einer Breite von 40 bis 50 Schritten nach 
Groß-Buchholz, Amts Langenhagen. Wieder sich zertheilend 
drang sie gegen das unglückliche Dorf von zwei Seiten. 
Ein Augenzeuge schildert die Erscheinung wie folgt: 
Von Hannover herüber, was uns südöstlich liegt, über¬ 
fiel uns ein starker Sturm, der sich in kurzen, rasch auf ein¬ 
ander folgenden Stößen äußerte. Nach etwa vier Minuten 
erhob sich auch von Osten her ein wo möglich noch stärkerer 
Orkan. Die Wolken wurden in einander geschoben, das Ta¬ 
geslicht erlosch, Sausen und Brausen betäubte die Ohren. 
Zufällig blickte ich nach Mittag, wo sich das Gewölk schwarz 
und schwer bis auf die Erde herab zu neigen schien. Plötz¬ 
lich aber wickelte es sich wie ein Theatervorhang in die Höhe 
und alle Wolken wurden dem Orte über mir zugetrieben, wo 
die beiden Orkane kämpfend gegen einander stießen. Nun 
entstand in dem Gewölke ein Schieben, Drängen, Wühlen, 
wie ich es nie gesehen habe. Bald zertheilten sich die schwär¬ 
zesten Wolken und man sah den blauen Himmel, in demsel¬ 
ben Augenblicke stürzten die Wolken wieder zusammen und 
stellten die vorige Finsterniß her; dann wurde eine große Wol¬ 
kenlage in die Höhe geschleudert, dann fast bis auf die Erde 
herabgedrückt. Noch immer schien das empörte Element un¬ 
schlüssig, wohin es seine Wuth wenden solle; endlich stürzte 
es sich auf Groß-Buchholz. Eine finstre Wolke, von der 
Gestalt eines Trichters, ließ sich zwischen der Eilenriede und 
Groß-Buchholz auf das Feld nieder und wälzte sich dem 
Dorfe zu; in einem Augenblicke war dasselbe mit einer schwar¬ 
zen Wolkenmauer umzogen. Man hörte ein dumpfes Ge¬ 
töse, zwei Minuten später sah man die Wolke weiter stürmen: 
die Zerstörung war vollbracht. 18 Gebäude waren mehr 
oder weniger zertrümmert; 13 Wohnhäuser, 3 Leibzuchthäuser 
und 20 Scheunen oder Nebengebäude waren zerstört; die
	        
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