18 Die Zwecke des Geschichtsunterrichts
daß deutsche Art der Jugend nicht nur vertraut, sondern auch lieb wird
und daß dem Vaterland und den Volksgenossen zu dienen ihnen als hohe
Pflicht und Ehre zugleich gilt.
Durch die Formel „der uns umgebenden Welt" wird schließlich noch
ein Unterrichtsgebiet gerechtfertigt, für das in letzter Zeit besonders von
volksschulpädagogen viel Treffliches ins Feld geführt worden ist: die
Heimatgeschichte. (Es ist nicht zu billigen, wenn die Schüler von
allen Abschnitten der Weltgeschichte etwas hören, die besonderen Schick¬
sale aber ihrer Heimatstadt, ihrer Provinz, ihres kleinen Staatswesens,
die Wirkungen der großen Weltbegebenheiten auf diese engeren Kreise
selten oder nie erwähnt werden. (Es fehlt dann leicht das Gefühl: tua
res agitur, fehlt eine gewisse wurzelhaftigkeit und Bodenständigkeit der
Unterweisung. Ist es doch so ganz deutsche Hrt, das Allgemeine zunächst
im Besonderen zu erfassen und an der Liebe zur Heimat die zum großen
vaterlande zu entzünden. Die Möglichkeit, vom vertrauten zum Unbe¬
kannten fortzuschreiten, ist ein wertvoller pädagogischer Vorteil, der
durch die größere Leichtigkeit, die Heimatgeschichte anschaulich zu machen,
noch verstärkt wird. Doch kann das Prinzip auch überspannt werden.
(Es gibt heute Fanatiker der Heimatgeschichte, die kaum noch etwas neben
ihr anerkennen oder sich doch manchmal so gebärden. Die Heimat¬
geschichte darf im wesentlichen doch nicht Selbstzweck sein, sondern muß
sich den höheren Zwecken des Unterrichts einordnen,- sie kann daher
immer nur einen beschränkten Anteil der verfügbaren Zeit beanspruchen,
wo sie nichts wirklich Belehrendes bietet, hat sie unbedingt zurückzu¬
treten. Keinesfalls darf sie, was hier und da beabsichtigt scheint,
zur Förderung partikularistischer Bestrebungen und zur Beschäftigung
mit unbedeutenden Lokalgrößen, auch nicht zur Verherrlichung künst¬
lich idealisierter Landesväter und Landesmütter gemißbraucht wer¬
den. Wohl aber lassen sich viel bürgerkundliche Belehrungen an die
heimatlichen (Einrichtungen anknüpfen. Gb das Interesse der Schüler
der Heimatgeschichte in dem Maße entgegenkommt, wie ihre begeisterten
Verfechter glauben machen möchten, dürfte Zweifeln unterliegen. Der
Sinn der Jugend schweift in die Ferne - ihre Teilnahme ermattet schnell,
wenn zu lange und zu oft von Dingen die Rede ist, die ihr, weil bekannt,
nichts Heues mehr zu bieten scheinen. Doch wollen manche mit heimat¬
geschichtlicher (Quellenleftüre gute (Erfahrungen gemacht haben.1
1 vgl. (E. tDilmanns, Quellenleftüre zur (Beschichte des ITCittelalters, in „Ver¬
gangenheit u. Gegenwart" III (1913) S. 212ff.