125. Die Weser, Bremen und Bremerhaven. 4-35 
Weserkennern oft angeführte Umstand, daß diese rechte Seite der Weser, 
ans welcher die Geeste, Geestendorf und Bremerhaven liegen, im Winter 
von Eisgefahren freier ist als die linke Seite. Zuerst ist die Mün¬ 
dung der Weser, als des südwestlichsten unserer großen Ströme, die wir 
Deutschen ganz bis zu ihrem Ausgange beherrschen, weniger von Frost 
und Eis genirt als irgend eine andere. Die Weser hat in Bezug aus 
Klima und andere Berhältnisse etwas mehr von den holländischen Ge¬ 
wässern, denen sie benachbart ist. Unsere Ostseeströme starren nock- 
lange von Eis, wenn die Weser längst frei ist. Ja, es gibt zu Zeiten 
Winter, in denen die Weser immer zugänglich bleibt. Sic hat in 
dieser Beziehung sogar vor der nahen, aber etwas weiter östlichen und 
nördlichen Elbmündung Borzüge. Sie ist weniger von Eis gestört 
als diese, die nicht nur ein kälteres Klima hat, sondern auch viel größere 
Eismassen herabführt. Von Bremerhaven abwärts, wo der Strom in 
einen breiten Meerbusen eintritt, friert sie fast nie zu und ist hier nur 
zu Zeiten mit losem Eis gefüllt. Dieser Umstand ist nicht nur für 
Bremerhaven, sondern auch für die Verbindung mit Amerika von 
Wichtigkeit. 
Den Ruhm muß Jeder den Bremern lassen, von allen Städten 
Deutschlands haben sie die größte, zahlreichste und schönste Handels- 
Marine, lauter solid gebaute, meist neue Schiffe, lauter gute Segler, 
fast durch die Bank die kundigste Schiffsmannschaft. Die den Ham¬ 
burgern eigen gehörige Handels-Marine ist viel unbedeutender als die 
Bremer. Es kommen meistens englische Schiffe und Matrosen nach 
Hamburg. Man kann daraus vermuthlich mit Recht dcu Schluß ab¬ 
leiten, daß die an der Weser wohnende Uferbevölkerung viel seeerfah¬ 
rener, segelgeübter und weltkundigcr ist als die der Elbe. Die schöne 
große Elbe, das reiche üppige Hamburg scheint die Elbleute etwas be- 
quemlicher gemacht zu haben. Die kleinere, mancher künstlichen Nach¬ 
hülfe bedürftige Weser hat dagegen, wie es scheint, die Weserlcute spc- 
culativer und rühriger gemacht. Auch von den Weserlootsen an der 
Mündung der Weser sagte man mir, daß sie viel unternehmender und 
wachsamer seien als die Elblootsen. Sie gingen den Schiffen, die etwa 
in Verlegenheit sein könnten, viel weiter und mit mehr Aufopferung 
entgegen und paßten im Ganzen besser auf. Dieses paßt wiederum 
ganz gut zu dem Geiste der Bremer Kaufleute, wie er mir von einem 
Schweden geschildert wurde. Er demonstrirte, daß die Bremer Kauf¬ 
leute in hohem Grade ausgezeichnet wären durch Bildung, Kenntniß 
und Solidität des Charakters, und sic genössen, sagte er, in aller Welt 
des besten Credits. Am meisten aber zeichne sie, insbesondere im Ver¬ 
gleich mit den Hamburgern, ihr specnlativer Sinn aus; der von der 
Natur so sehr begünstigte Hamburger lasse viel mehr an sich kommen; 
er erwarte ^ Commissionen vom Auslande, die er alsdann ausführe. 
Auch sei sein Handel, obwohl dem Waarenquantum und Werthe nach 
größer, doch dem Handelsgebiete nach viel kleiner als der der Bremer. 
Des Hamburgers Handel sei hauptsächlich mit den Ländern um die 
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