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58 III. Länder- und Völkerkunde. A. Europa.
streng ungen unb sittlichen Kämpfen, Erfolgen unb Verirrungen — zu
bei- gegenwärtigen Gestaltung, nicht bloß ber europäischen Völkerznstänbe,
sondern ber Menschheit überhaupt, ans höchst wesentliche unb einflu߬
reiche Weise beigetragen hat.
Wer sich bieje heutigen Znstünbe recht lebenbig vor btc Seele ruft
unb zu ihren uranfänglichen Motiven hinaufsteigt, ber wirb sogar nicht
anstehen, in beu bargelegten vier Hauptverhältnissen ber Weltstelluug
Enropa's bie Grnnbmomente für bie Entfaltung seines ganzen histori¬
schen Geschickes, also auch aller seiner geographischen Erscheinungen zn
erkennen, in so fern biese von jenen bebingt, b. h. tu so weit sie von
bem Menschen ausgegangen und von ihm auf sich znrückbezogen wor¬
den sinb.
Diese Grnnbmomente sprechen sich baher auf höchst erkennsame
Weise auch in allen ben Hanpt-Kategorieen ans, unter welchen btc
politische Geographie beit Menschen zu betrachten hat. Abstammung nnb
Sprache, Religion nnb Gesittung, gesellschaftliche nnb politische Znstünbe
mit allen baran sich knüpfenben Erscheinungen nnb Einrichtungen wer¬
ben in Europa nicht allein unter ber segensreichen Einwirkung seiner
mathematisch-geographischen Lage nnb ber daraus erwachsenden, alle
Eptreuie glücklich vermeibenben klimatischen Verhältnisse, sonbern auch
im Zusammenhange mit jenen physischen Hanptverhältnissen seiner Welt-
stellung: — continentales Zusammenhang mit dem Orient, maritime
Sonderung, doch nicht Trennung von dem Occident und dem tropischen
Süden der Erde, eigenthümlich günstige Gestaltung der Meeresgrenzen
unb darin liegende Aufforderung zur Ausbildung der Schifffahrt und
des Weltverkehres, — gedacht werden müssen, wenn wir sie ganz ver¬
stehen wollen.
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15. Enropa's Aeberlegenheit über die anderen Erdtheiie.
(dcach A. Guyot's Grundzügen der vergleichenden Erdkunde und A. H. L. Hee¬
ren's Ideen über die Politik, den Verkehr und Handel u. s. w.)
In deut frühesten Alter der geschichtlichen Welt glänzt Asien noch
ganz allein. Es ist zugleich die Wiege der Civilisationen und der Ra-
tionalitüten, welche die wahren Repräsentanten der Cultur ausmachen.
Die großartigen, ja, logar riesigen Verhältnisse in der Manuichfaltig-
keit seines Bodens, verbunden mit einer vielfach günstigen centralen
Lage, haben dasselbe eben so geschickt gemacht znm zarten Aufkeimen
feiner Kräuter, wie zum kräftigen Wurzelschlage der gewaltigsten Bäume.
Doch silld es nun schon volle 2000 Jahre, daß Asien das Scepter
der Civilisation au Europa abgetreten hat. An keinem anderen Punkte
der Oberfläche unserer Erde hat der Menschen Geist sich zn einer so
erhabenen Höhe emporgeschwungen; nirgends hat der Mensch so ge¬
schickt verstanden, über die Natur zn herrschen und sie znm Werkzeuge