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III. Lander-- und Völkerkunde. A. Europa. 
bisherigen Richtung nicht nur einen Theil der Karpathenflüsse (Waag, 
Gran u. a.), sondern auch von der rechten Seite die Alpenflüsse, 
welche der Innenseite jenes erwähnten Murdammes entströmen (Leitha 
und Raab) an sich gerissen hat, wendet sie sich Plötzlich rechtwinkelig, 
wie die Rhone, nach Süden, um die Drau zu verschlingen. Diesem 
mächtigen, nun unterworfenen Strom den Verlust seiner Unabhängigkeit 
weniger fühlbar zu machen, folgt sie dessen Richtung, ihre bisherige 
verlassend, doch nur auch in der gewissen Aussicht einer nahen anderen 
Eroberung, welche ihr in der Theiß wird, die sich unvermuthet im 
sicheren trügen Laufe von den Armen der Donau unrettbar umschlungen 
sieht; auch hier wieder dasselbe Spiel der Nachgiebigkeit; nach dem 
Laufe der Theiß sich wendend, als ob sie, die Eroberin, die Unter¬ 
worfene wäre, überrascht sie ebenso unvermuthet die stolze Save, und 
nöthigt sie, sich ihr anschließend, mit ihr vereint dem Osten, ihrer ur¬ 
sprünglichen Bestimmung zuzuströmen, um so durch die Wucht ihrer 
Gewässer sich den Durchgang zu erstürmen, den ihr die Gebirge 
versperrten. 
Die Theiß ist der großartigste Nebenfluß, den die Donau über¬ 
haupt auszuweisen hat. In der Theiß vereinigen sich die Gewässer 
des ganzen Mittelstücks der Karpathen, so wie des größten Theils von 
Siebenbürgen. Ihr Gebiet umfaßt etwa 2500 Qnadratmeilen, also 
den sechsten Theil des ganzen Donaugebietes. Von der Mündung bis 
zur Quelle stellt ihr Hauptsammler eine Flußlinie von über 100 
Meilen Länge dar. Dabei besitzt diese Hanptlinie noch Nebenzweige, 
wie die Samos und Maros, von 40—60 Meilen Länge, mit denen 
sie tief in die karpathischen Länder hineingreift. Bis Tokay fließt die 
Theiß von Osten nach Westen. Dann wendet sie sich nach Süden. 
Leider hat sie einen trägen und vielgewnndenen Lauf mit vielen seichten 
Stellen. Im Frühling, zur Zeit der Wasserhöhe, gleicht sic einem 
Meeresarme. Im Sommer schrumpft sie in höherem Grade zusammen 
als diejenigen Donauflüsse, welche von den beschneiten Alpen kommen, 
denn letztere werden auch in der heißen Jahreszeit noch aus den schmel¬ 
zenden Gletschern gespeist. Die Theiß-Schifffahrt ist daher vielen Un¬ 
fällen unterworfen, wiewohl dieser Fluß seit uralten Zeiten bis über 
Tokay hinauf beschifft wurde. Bis Czongrad (30 Meilen weit) wird 
sie mit großen Fahrzeugen befahren. Bis Szegcdin, bis zur Mün¬ 
dung der Maros, trägt sie eben so schwer belastete Schiffe wie die 
Donau. Ihre Hauptzuflüsfe empfängt die Theiß von der linken Seite 
aus den siebenbürgischen Karpathen. Es sind dies von Norden nach 
Süden: 1) die Samos, 2) die Körös, 3) die Maros, 4) die Temes. 
Diese sämmtlichen Flüsse strömen, in ihrer Entwickelungsweise einander 
sehr ähnlich, in parallelem Laufe aus Osten nach Westen, haben von 
allen Flüssen des Donaugebietes, welche diese Richtung verfolgen, den 
längsten Lauf und erweisen sich auf einer ziemlich langen Strecke schiff¬ 
bar, obschon sie wenig beschifft werden. Die Maros (mit einem Laufe 
von über 60 Meilen) ist der vornehmste jener vier Flüsse. Sie bildet
	        
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