165. Tic Organisation der Miliiärgrcnze.
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Verächtern alles Neuen entgegenstellt, dürften die Schreckensgemäldc jener
fürchterlichsten aller Krankheiten wohl voranzustellen sein. Der fort-
schreitenden Einsicht, der Gesammtwirkung der Staaten verdanken wir
die Ausschließung eines Uebels, welches sein Entstehen in dem Klima,
in der Unwissenheit, Trägheit und Unsaubcrkeit der südlichen Himmels¬
striche findet.
Wir sehen in allen Häfen des gebildeten Europa Anstalten ge¬
troffen, die Möglichkeit der Pest zu verhüten; ungleich näher liegend
und nothwendiger war eine solche Abschließung im Festlande selbst.
Der Fatalismus gestattete bisher den Türken nicht, E nrichtungcn ge¬
gen die Pest zu treffen, das nächst angrenzende Land mußte sich daher
auf das strengste von der Türkei scheiden. Oesterreich hat die ausge¬
dehnteste Grenze mit der europäischen Türkei, von der Bocca di Cattaro
bis zur Moldau. Wollte man nun diese weite Strecke so sicher be¬
wahren, daß das materielle Berühren unmöglich würde, so war eine
Militäreinrichtung eigener Art nöthig, wie sie bis dahin kein anderer
Staat gehabt hatte. Hier bot nun das Anfangs nur für kriegerischen
Schutz bestimmte Institut der Militärgrenze die Hand, und mit einiger
Abänderung, indem man besonders aus den einzelnen stärkeren Posten
eine zusammenhangende Kette bildete, und durch eine größere Vervoll¬
kommnung und Special-Einrichtung, hat man den Zweck auf eine so
genügende Art erreicht, daß die Pest nunmehr auf dieser Seite völlig
abgeschnitten ist.
Um diesen Zweck in seinem ganzen Umfange zu erreichen, mußte
man dem Volke, oder vielmehr der Reihe verschiedener Völker, welche
die Militärgrenze bewohnen, eine ganz eigene Verfassung geben und
ihren Habitus einigermaßen verändern. Der steten, aber rohen Streit-
fertigkeit mußte die allerpünktlichste Ordnung, der Tapferkeit die Ge-
duld, Pflichttreue und Arbeitsamkeit hinzu erzogen werden, und man
hatte die schwierige Aufgabe, aus dem, an regellose Ungebundenheit ge¬
wöhnten Grenzvolke nicht nur die zuverlässigsten Wächter, sondern auch
zugleich fleißige Ackerbauer zu bilden. Diese Aufgabe ist nunmehr in
hohem Grade genügend gelös't.
Die ganze Militärgrenze ist in sechs Generalate getheilt. Der
General ist Militär- und Civil-Gouverneur seines Provinztheils, alle
militärischen und alle bürgerlichen Verhältnisse sind demselben unter¬
geordnet. Sie lassen sich nicht trennen bei einer Einrichtung, wo der
Landmann heute als Militär auf einem wichtigen Posten steht und
morgen seinen Acker baut, und wo fast alle sich entwickelnden bürger¬
lichen Verhältnisse Bezug auf das Militärwesen haben. Jedes Ge-
neralat ist (besonders für die Kriegszeit) in Brigaden, diese wiederum
in Regimentsbezirke getheilt. Das Regiments-Commando macht
den wichtigsten und eingreifendsten Theil der Verwaltung aus.
Der Vorschrift zufolge hält jedes Regiments-Commando wöchentlich
seine Sitzung, _bet welcher der Regiments-Commandeur (Oberst) als
Präsident, der Oberstlieutenant als Vice-Präsident, die außerdem noch