Die innere Beschaffenheit der Erdrinde. 131
erfüllen, und selbst int Zechstein noch mit einer Art vertreten sein sollen, dann aber
ganz aussterben. Langschwänzige Krebse werden zum ersten Mal im bunten Sand¬
steine und Muschelkalk gesehen; kurzschwänzige Krebse aber erst in der Kreide. In
größter Menge sind jene ün lithographischen Schiefer enthalten, der auch viele Ueber-
reste von Insekten aufzuweisen hat. Rankenfüßer gehören zu den Seltenheiten;
die Klasse der Würmer ist durch Serpuliten vertreten.
6. Strahlenthiere sind in zahlreicher Menge vorhanden, und namentlich ist
ihre höchste Abtheilung, die Strahlkrustcr, in weit mannigfaltigeren Formen, als
gegenwärtig, entwickelt. Dies gilt besonders von den gestielten Haarsternen, die jetzt
nur noch in etlichen Arten in unsern Meeren leben und zn den größten Seltenheiten
gehören, während sie in den urweltlichen Gewässern in der größten Menge und in
vielen ganz ausgestorbenen Gattungen vorhanden waren. Sie kommen gleich im Ueber-
gangsgebirge und im Bergkalke höchst zahlreich vor, und machen mit den Geradhorn-
schnecken sOrtlioeoratliltosI, Triloblten und Armfüßlern [Brachiopöda] den wesent¬
lichsten Bestand der ältesten Fauna der Erde aus. Im Zechsteine und Muschelkalk,
wo auch die Kopffüßer spärlich sind, gibt es nur wenige Haarsterne, darunter die
Meerlilie fBnerilllt65 liliiförmis], welche dem Muschelkalk eigenthümlich und für ihn
höchst charakteristisch ist. Im Lias, Jurakalk und in der Kreide, wo die Kopffüßer
wieder zahlreich werden, gilt dasselbe für die Strahlkrustcr; zugleich treten nun auch
die Seeigel und die ungestielten Seesterne, die früher fast ganz fehlten, in großer
Menge auf.
7. Gleich den vorigen sind auch die Korallen bereits im Uebergangsgebirge
zahlreich vorhanden, und gehören zum großen Theil noch lebenden Gattungen an. Im
Zechsteine und dem Muschelkalke werden sie sehr spärlich, kommen dagegen im Jura
wieder in größerer Menge vor.
8. Nummuliten kommen zuerst in dem zum Lias gezählten Nummulitcndolomit
der Karpathen zum Vorscheine, dann erst wieder in der Kreide, während freilich ihre
meisten Arten dem Tertiärgebirge angebören. In der Kreide stellen sich überdies zum
ersten Male mikroskopische fossile Infusorien und Mooskorallen [Polythaläma]
ein, von denen zahlreiche Arten noch jetzt leben.
9. Ungleich einfacher und an Formen ärmer, als das Thierreich, tritt das Pflan¬
zenreich in seinen Anfängen im Uebergangsgebirge auf, indem cs auf wenige Arten
von geheimblühenden Pflanzen oder Kryptogamen beschränkt ist. Dagegen
wird im entschiedenen Gegensatz mit der Armuth an Thieren, ein außerordentlicher
Reichthum an Pflanzen im Steiukohlengebirge gefunden. Allein auch im Steinkoh¬
lengebirge sind es fast nur Kryptogamen, welche seine Flora zusammensetzen, darun¬
ter riesenhafte Schafthalme, Farrn und Bärlappen, welche jetzt lediglich nur noch
unter den Tropen zu einer ansehnlichen Größe gedeihen, während sie in den gemä¬
ßigten Zonen blos niedrige Formen darbieten. Höchst wenige Ucberreste sind es nur,
durch welche die Einsamenlappigen oder Monocotyledönen, darunter etliche Pal¬
men, und die Nadelhölzer ihre Gleichzeitigkeit mit jenen kryptogamischen Vegcta-
bilien beurkunden.
10. Im Zechsteine sind die fossilen Pflanzen nur auf wenige Reste von Schaft¬
halmen, Farrn, Bärlappen und Algen beschränkt. Im bunten Sandstein und im
Keupersandstein sind noch immer die Kryptogamen vorherrschend.
11. In den Formationen über dem Keupersandstein zeigt sich durch das Erlöschen
früherer eigenthümlicher Formen, so wie durch daö Auftreten anderer eine noch grö¬
ßere Hinneigung zum gegenwärtigen Bestände des Pflanzenreiches, als dies schon in
jenem Sandstein der Fall war. Jin Ganzen gelangt die Flora in den obern Se-
knndärformationen vom Lias an zu keiner großen Entwickelung, was sich aus dem
Vorherrschen der Kalkbildungen über die Sandstein- und Kohleuablagerungen schon
im Voraus erwarten läßt. Zwischen lebenden und fossilen Pflanzenarten ist keine
Identität nachzuweisen.
§. 109.
Die Fauna und Flora der Tertiärformationen und der Diluvialablagerungen-
1. Während man in den einzelnen Formationen des Uebergangs- und Flötzge-
birges dieselben charakteristischen Versteinerungen sendet, treten in den Tertiärgebilden
Petrefacten auf, deren Charakter nach verschiedenen Gegenden sehr verschieden ist.
Die Thier- und Pflanzenwelt der Tertiärformationen erlangt in ihrer Gesammtphy-
siognsmie einen ganz andern Ausdruck, als die in den älteren Gebirgsschichten be¬
grabenen. Ihr vorherrschender Charakter ist der des g e genw ä rti gen B eftan d es; ihre