Full text: Allgemeiner Theil (1)

Die Erscheinungen des Luftkreises. 
143 
§. 120. 
Die Fichterscheinungen in der Atmosphäre. 
1. Auf den Veränderungen, welche das Sonnenlicht in der Atmosphäre 
erleidet, beruht die Farbe des Himmels, die Morgen- und Abendrölhe, die 
Tageshelle und die Dämmerung, der Regenbogen, die Luftspiegelung, die 
Höfe, die Nebensonnen und die Nebenmonde. 
2. Die blaue Farbe des Himmels kommt daher, daß die Luft haupt¬ 
sächlich die blauen Sonnenstrahlen zurückwirft. Die Stärke dieser blauen 
Färbung hängt von der Dicke der reflektirenden Luftschicht ab. Wässrige Dünste 
werfen das Sonnenlicht unzerlegt zurück. Deshalb erhält die mit Dünsten 
erfüllte Luft ein weißliches trübes Ansehen. So lange aber der Wasserdampf 
als eigentliches Gas in der Atmosphäre verweilt, erhöht er die Durchsichtig¬ 
keit derselben. 
3. Unter den Tropen ist der Himmel am reinsten; hier tritt das Licht 
in seiner größten Stärke auf, die nur in der Regenzeit während der kurzen 
Dauer der täglichen Ergießungen unterbrochen ist. Nichts ist der Majestät 
der Nächte dieser Gegenden zu vergleichen: die Fixsterne glänzen an diesem 
ewig heitern Himmel mit eben so ruhigem Licht, als die Planeten; das Flim¬ 
mern, was man bei uns sogar bei denjenigen Sternen wahrnimmt, die im Zensth 
stehen, bemerkt man dort nur am Rande des Horizonts. Schwache Fernröhren, 
die von Europa nach Indien gekrackt werden, scheinen an Kraft zugenommen 
zu haben; so groß und beständig ist unter den Tropen die Durchsichtigkeit der Luft. 
4. Auch die südlichen Gegenden Europa's, Griechenland, Ita¬ 
lien, Spanien, haben noch einen reinen Himmel. Aber je weiter man nach 
Norden geht, desto mehr wird das Licht durch Dampfbläschen zerstreut, und 
der Himmel nimmt die graue oder milchweiße Farbe an, die selbst in den 
heitersten und wärmsten Sommertagen die natürliche Azurfarbe des Himmels 
verschleiert. 
5. Im hohen Norden senkt sich das Dampfmeer noch mehr zur Erd¬ 
oberfläche, bis es auf dieser selbst ruht. Da hat man den Himmel wieder 
rein über sich, da ist er wieder tief blau und die Durchsicktigkeit der Lust 
so groß, daß man auf dem Meere die Masten der Schiffe deutlich erkennt, 
wenn sie eben erst am Horizont erscheinen, und manche Berge in Entfernun¬ 
gen von 25 Meilen sichtbar sind. 
6. Die Reinheit und Durchsichtigkeit der Atmosphäre wächst 
auch gegen das Innere der Kontinente, weil die größere Trockenheit der Lust 
den Durchgang der Lichtstrahlen befördert. Aus demselben Grunde nimmt sie 
auck mit der Höhe zu, daher auf bedeutenden Höhen, wie z. B. schon auf 
dem Montblanc, der Himmel tief schwarzblau gefärbt erscheint. Besonders 
zeichnen sich große Plateaux, z. B. das Plateau von Tübet und Iran, durch 
große Reinheit des Himmels aus. 
7. Die Morgen- und Abendröthe kommt von den in der Luft be¬ 
findlichen Wafferdämpfen her, welche in einem gewissen Grade der Verdichtung 
die Eigenschaft besitzen, die gelben und rothen Sonnenstrahlen durchzulaffen. 
8. Der Regenbogen entsteht dadurch, daß in den Regentropfen eine 
Brechung stattfindet, bei welcher zugleich das Licht, wie durch das Prisma, 
in Farben zerlegt wird, und daß ein Theil des Sonnenlichts von den Tro¬ 
pfen zurückgeworfen wird. Er zeigt die prismatischen Farben in der Weise, 
daß die violetten Strahlen nach Innen, die rothen nach Außen hin liegen.
	        
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