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Spanien,
sind äußerst zerrüttet, so daß oft die Mittel fehlen, die öffentlichen
Beamten und das Militär zu besolden; die Staatsschulden sind
ins Ungeheure gewachsen, der Staatskredit vernichtet, die Armee
und Marine fast nur auf dem Papiere, und der Staat, durch
den so ungeheure Reichthümer der übrigen Welt zuflössen, ist
gänzlich erschöpft, und bis jetzt ist wenig Hoffnung zu einem bes¬
sern Zustande der Dinge vorhanden.
Die Wohnungen der Spanier sind im Allgemeinen weder be¬
sonders bequem noch schön; das Me"blement einfach; ein Teppich,
Estera genannt, bedeckt den Boden, das Innere der Hauser oft
von Unreinlichkeit entstellt; beinahe durchgehends schließen Fenster
und Thüren schlecht zu, und gegen die Kalte im Winter hat man
Kohlenbecken (brasero’s). Die Menge der Bedienten von bei¬
den Geschlechtern ist äußerst groß, und ist zum Theil ein Gegen¬
stand des Luxus, den man auch durch die Kostbarkeit und große
Zahl des Gold - und Silbergeschirres, so wie durch die Pracht der
Equipagen zu zeigen sucht.
Im Ganzen genommen lebt der Spanier äußerst mäßig und
mit Wenigem zufrieden; daher das Sprichwort: „Oliven, Salat
und Radieschen sind Speisen eines Ritters." Ueberhaupt verlangt
der vom heißen Klima ausgetrocknete und verhärtete Körper des
Spaniers weniger Nahrung, begnügt sich mit geringern Speisen
und kann auch den Hunger leichter ertragen. Süße Spanische
Zwiebeln, Rettige und Knoblauch werden von dem gemeinen Volke,
besonders auf dem Lande, roh gegessen, und hat der gemeine Spa¬
nier ein Stück Brod dazu, so begnügt er sich damit auf den gan¬
zen Tag. Ein Hauptgericht der Bürgerklasse ist immer die Spa¬
nische Nationalspeise, der Pocchero, ein Gemengsel von Fleisch
und allerhand Vegetabilien. Aermere thun statt des Fleisches und
Specks nur Oel daran. Oel wird allgemein, wegen Seltenheit der
Butter, zum Schmelzen gebraucht. Starke Gewürze, vorzüglich
Pfeffer und Safran, müssen zu jeder Speise kommen. Chokolade
ist das Lieblings- warme Getränk der Spanier. Wein wird sehr
mäßig genossen, desto mehr frisches Wasser und in den warmern
Gegenden ist das Eiswasser sehr beliebt. Nach Tische hält der
Spanier seine Siesta d. h. schläft 2 bis 3 Stunden, welche Sitte
so allgemein ist, daß man von 2 bis 5 Uhr auf den Straßen her¬
umgehen kann, fast ohne jemand anzutreffen.
Französische und Englische Moden haben in den höhern
Ständen und zum Theil in den mittlern die Nationaltracht ver¬
drängt. Am meisten sieht man diese, wozu bei den Männern ein
kurzes Kamisol über eine dunkelfarbige Weste gezogen, darüber ein
Mantel, ein hochrother Gurt um den Leib und ein runder vorn
aufgeschlagener Hut — und bei den Weibern ein Korsett, die Bas-
quina (eine Art kurzer Unterrock oder vielmehr Oberrock, da unter