Einleitung.
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Neufundland hin, von wo sie sich wieder ostwärts nach Europa
hin wendet, und sich unter 53° der Breite, bei Afrika, der west¬
lichen Strömung nähert, bis sie zuletzt sich wieder mit der Aequi-
noktialströmung vereinigt, um ihre Fluthen von Neuem den vori¬
gen Kreislauf beginnen zu lassen, dessen Lange man auf 3800
Meilen schätzt. Da wo der Golfstrom aus dem Kanäle von Ba-
hama (zwischen dem Festlande Nordamerika's und den Bahama-
Jnfeln) tritt, ist seine Geschwindigkeit so groß, daß sie hier oft,
gleich einem Gebirgsstrom, ü Meilen in einer Stunde betragt.
Das Wasser des Golfstroms zeichnet sich bis nach Neufoundland
hin durch höhere Warme, starkern Salzgehalt, blaue Jndigofarbe
und eine Menge von Seegras, das seine Oberflache bedeckt, aus.
Durch die Wirkung des Golfstroms werden nicht selten Baume
und Früchte der Amerikanischen Lander an die Küsten der östlichen
Halbkugel angespült, z. B. Baume von den Antillen an die Ka¬
narischen Inseln, ja sogar an die westlichen Küsten von Irland
und Norwegen, wohin sie durch einen nördlichen Arm des Golf¬
stroms gelangen. Durch den Golfstrom wurde Eolumbus, neben
andern Anzeigen, auch zu der Vermuthung von dem Vorhanden¬
seyn westwärts gelegener Lander, und somit zur Entdeckung von "
Amerika geleitet. Zwei Leichname, deren Züge verbiethen, daß
sie einem unbekannten Menschenstamm angehörten, wurden an die
Küsten der Azoren geworfen. Fast um dieselbe Zeit sammlete des
Eolumbus Schwager, der Statthalter von der Insel Portosanto
war, aus derselben Stücke eines Bambus von ungeheurer Größe,
welche die Strömungen und Westwinde dahin gebracht hatten.
Eolumbus schloß, daß die einen und die andern von westlich ge¬
legenen Landern herkommen müßten.
Im großen Weltmeere geht die Richtung der allgemeinen
Aequinoktiasidrömung von den Westküsten Amerika's nach Asien
und Australien hin. Da aber die Asiatischen Küsten gerade inner¬
halb der Wendekreise durchbrochen sind und der Ostindische Archi¬
pel keinen ansehnlichen Widerstand leistet, so sind auch keine so
merklichen Rückströmungen vorhanden, als im Atlantischen Ozeane.
Bloß eine Menge besonderer Strömungen entstehen durch jene
zahlreichen Inseln und Inselgruppen.
Die besondern Strömungen aber, die man von den allge¬
meinen Aequinoktialströmungen unterscheiden muß, sind äußerst
zahlreich, und auf ihre Entstehung hat die Gestalt und Beschaf¬
fenheit des Meeresgrundes und der Küsten großen Einfluß; viele
derselben sind auch wahrscheinlich nichts weiter als Abänderungen
und Modifikationen der allgemeinen Strömungen, auf ähnliche
Art wie der Golfstrom aus der Aequinoktialströmung entsteht. Diese
besondern Strömungen oder Stromgange fließen in einer größern
oder geringern Breite und Lange, mit mehr oder weniger Geschwin-