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gegen ihren Kaiser machten, sofern dieser sie um ihres Glaubens willen 
angreifen mürbe. Doch war in ben schrnalkaldischen Bundesartikeln 
ausdrücklich erklärt, daß man sich „allein gegenwehr- und rettungsweise" 
verbunden habe und „nicht, als solle jemand unter uns einen Krieg 
anfangen". Um sich auch vor Angriffen des Kammergerichts zu 
schützen, wählten die Protestanten sachverständige Prokuratoren. Sachsen, 
Hessen, Braunschweig, Mecklenburg, Anhalt, Mansfeld hatten die 
Urkunde unterzeichnet, auch die Städte Ulm, Konstanz, Straßburg, 
Memmingen, Lindau, Biberach, Jsuy, Magdeburg, Bremen, Lübeck u. a. 
Ein Reichskrieg schien unausbleiblich. Da kamen die Türken herbei, 
um von der Uneinigkeit der Deutschen zu gewinnen. Schon rückte ein 
mächtiges Türkenheer gegen Ungarn vor, und der Anführer, Sultan 
Soliman II., sah sich bereits als Herrn und König Deutschlands, das 
er von Kostantinopel aus gemütlich zu regieren gedachte. 
Vor einem gemeinsamen Feinde wurden die Deutschen stets einig, 
so auch jetzt. Der Kaiser zog mildere Seiten auf gegen die Pro¬ 
testanten, die nun gehorsame Unterthanen ihres kaiserlichen Herrn 
wurden, nachdem er ihnen im Nürnberg er Religionsfrieden ihre 
Forderungen bewilligt hatte (1532), freilich nur in einen: königlichen 
Erlaß, da nicht alle katholischen Stände damit einverstanden waren. 
Doch stellte der Kaiser den Protestanten „rechte Freundschaft und christ¬ 
liche Liebe" in Aussicht, worüber die Katholiken wenig erfreut waren. 
Sie machten dem Kaiser bittere Vorwürfe, daß er den Protestanten 
Zugeständnisse gemacht habe, statt ein Konzil einzuberufen. Diese 
stimmten dafür jetzt Ferdinands Königswahl zu, und durch gegenseitiges 
Nachgeben und Entgegenkommen konnte sich ein so prächtiges Heer 
sammeln, wie Deutschland seit Jahrhunderten nicht ins Feld geführt 
hatte. Achtzig Tausend Mann der besten Truppen zogen Soliman 
entgegen, den schon der Anblick dieses glänzenden Heeres entmutigte. 
Seine Flotte wurde außerdem durch den Admiral Andreas Doria hart 
bedrängt. Die Türken traten eiligst den Rückzug an, doch behielten 
sie einstweilen Ungarn, da die katholischen Fürsten den König Ferdinand 
wegen seiner Nachgiebigkeit gegen die Protestanten in seinen Privat¬ 
interessen nicht unterstützen mochten. 
Die Mitglieder des schrnalkaldischen Bundes schlossen sich jetzt 
enger aneinander, da sie auch ihre politische Zukunft gefährdet sahen, 
und das Bündnis galt fast mehr wie eine Abwehr gegen Oesterreichs 
Uebermacht, als wie eine religiöse Schutzwehr. Darum näherten sich
	        
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