Full text: Vaterländische Bilder aus Ungarn und Siebenbürgen (Bd. 3)

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Die Burgruinen auf dem Schloßberge bei Trentsin. 
wir bereits auf S. 11 eine entsprechende Ansicht gaben, die altersgrau in das 
reizende Thal Hinunterschauen, da sie noch von jenen Tagen träumen, als der 
Palatin Mathias hier Hos hielt und bis zur Liptau hin das Land beherrschte, 
welches Mathias I. seinem Sohne Johann als Herzogthum übergab. In mäch¬ 
tigem Umfange umziehen die Mauerruinen den Berg, unter dessen steilen Abhang 
sich die Stadt Trentsin geflüchtet hat, die aus einer einzigen breiten Straße 
von solcher Kürze besteht, daß man jedes einzelne Haus sehen und von einem 
' Thore aus zum andern hinausblicken kann. Dennoch ist das Städtchen von einer 
doppelten Ringmauer umgeben, welche mit ihren Befestigungen sogar die Stadt- 
psarrkirche umschließt, die 122 Stufen hoch auf einer schmalen Terrasse über der 
Stadt steht, so daß man von ihr aus in wenig Minuten vor dem verschlossenen 
Eingangsthor unter dem uralten Thurme steht. Steigt man höher, vorbei an 
einem 60 Fuß hohen Thurme, der in romanischem Style erbaut ist, so kommt 
man aus einen freien Grasplatz, den verfallene Bastionen und Gebäude um¬ 
geben. Man überblickt das gewaltige Dreieck der Burg, deren oberer Theil 100 Fuß 
höher liegt und unter einem burgartigen Ueberbau einen Brunnen von 456 Fuß 
Tiefe birgt, den ein Türke gegraben haben soll, um seine gefangene Braut aus 
Stephan Zapolya's Gefangenschaft zu befreien, weshalb er der Brunnen der 
Liebenden heißt. Mauerreste ragen hier und da aus dem Rasen empor; ein runder 
Thurm mit Kanonenschießscharten an der Westfront steht zwar nur noch trümmer- 
hast ausrecht, verräth aber im Unterbau hohes Alter und diente einst als Waffen¬ 
niederlage der Gespanschaft, während am astende der niedrigen Gebäude der 
schroffen, 360 Fuß langen Nordseite der massive runde Hungerthurm mit dem 
Burgverließe an die Schrecken des Mittelalters erinnert. 
Ein gewaltiger Ruinenhausen füllt den innern Raum zwischen den Burg¬ 
mauern. Da stehen die Reste des zweistöckigen Hauses der Königin Barbara, 
nördlich daneben die Bauten des Matthäus Csaak, jenseit eines kleinen Hos- 
raumes der Hauptthurm und das Schloß König Ludwig's I., südlich davon jen¬ 
seit eines tiefen Grabens Zapolya's Schloß als Vorwerk, umgeben von einer 
halbkreisförmigen Bastion von 120 Fuß Durchmesser, in deren Mitte ein palast¬ 
artiger runder Thurm 105 Fuß hoch sich erhebt. Von ihm schaut man hinaus in 
eine reizende Landschaft mit dem hohen Joverina im Westen, dem Manyin bei 
Bistritz im Norden, dunklem Waldgrün im Osten, unten das offene breite 
Waagthal mit Feldern, Dörfern, Schlössern und Kirchen bedeckt, dazwischen die 
vielen hell aufblitzenden Flußarme und weit unten die Thürme von Neustadtl mit 
dem nahe dabei liegenden Narrenschloß von Betzko, dicht unter der Burg end¬ 
lich die einstraßige Stadt mit der 126 Klaftern langen Brücke über die Waag. 
„Die Burg Trentsin ist die ehrwürdige Spindel, an der sich Jahrhundert 
für Jahrhundert Ungarns Begebnisse gleichsam abwickeln lassen." Schon die 
Römer sollen hier eine jazygische Burg gekannt haben, welche später der Mittel¬ 
punkt des großmährischen Reiches wurde, bis Ungarn sie zur Grenzseste ihres Rei¬ 
ches machten, Stephan der Heilige einen Grafen hier einsetzte, und das Geschlecht 
der Csaak aus Trentsin in fürstlicher Weise residirte. Als König Ludwig 1.
	        
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