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D. Afrika.
Sie ziehen nicht in gerader Richtung, sondern von einer Oase
zur andern, wo sie Wasser zu finden hoffen und etwas dürres
Laub für die Kameele; obgleich sie nun Wasser in Schläuchen bei
sich führen, so geschieht es doch, daß diese, wenn der Samiel
weht, schneller austrocknen, oder sie an den Brunnen kein Was¬
ser finden und ganze Karawanen zu Grunde gehen. Außerdem
haben sie noch Gefahren zu bestehen von den Raubthieren am
Rande der Wüste, mehr aber von den räuberischen Nomaden,
welche die Wüste als ihr Eigenthum betrachten und jede Karawane,
die nicht ihren Schutz erkauft hat, plündern. — Bei dieser Be¬
schaffenheit der Wüste läßt sich nicht viel von ihren Producten sa¬
gen. Einige Disteln und Mimosen, der Mannastrauch und wil¬
der Thymian nebst einigen Zwiebelgewächsen und Trüffeln ist alles,
was sich in den begünftigften Gegenden findet. Dagegen ist die
Wüste reich an Steinsalz, welches häufig nach Sudan gebracht
wird, wo es fehlt. Nur am Rande der Wüste finden sich Löwen,
Panther, wilde Schweine, selten wagen sie sich hinein, selbst Vö¬
gel halten sich nur in der Nähe der Oasen auf, daher ihr Erschei¬
nen das fröhliche Zeichen der Nähe fruchtbarer Orte ist. Nur die
schnellsten aller Thiere, der Strauß und die Antilope, dringen
in das Innere der Wüste.
Die Bewohner der Wüste bestehen vorzüglich aus zwei
Hauptvölkerschaften, Mauren und Berbern. Die Mauren ha¬
ben den ganzen westlichen Theil der Wüste inne; sie bestehen aus
einem Gemisch von Arabern, Berbern und Negern, und zerfallen
wiederum in viele Stämme, wovon jeder ein Oberhaupt hat,
dessen Macht aber sehr unbedeutend. Im Norden des Senegal
kennt man vorzüglich die Stämme Trarzas und Braknas.
Alle sind wandernde Hirten, gelegentlich Kaufleute, vor allen
Dingen aber Räuber. Jede Karawane, welche das Gebiet eines
Stammes durchzieht, muß sich Schutz und Führer erkaufen, oder
läuft Gefahr ausgeplündert zu werden. Fanatische Anhänger des
Islam, behandeln sie die durch Schiffbruch zuweilen in ihre Hände
fallenden Europäer mit der äußersten Härte und Gefühllosigkeit,
womit die Pünktlichkeit und scheinbare Andacht, mit welcher sie
ihre täglichen Gebete verrichten, einen wunderlichen Contrast bil¬
den. Statt des Wassers bedienen sie sich des Sandes zu ihren ge¬
setzlichen Abwaschungen. Sie leben unter Zelten, gehen fast un¬
bekleidet und können Hunger und Durst mit bewunderungswür¬
diger Ausdauer ertragen. Kameelmilch macht oft lange Zeit ihre
einzige Nahrung aus, und dabei werden sie alt und wissen wenig
von Krankheiten. Sie treiben Handel mit Salz, welches sie in
der Wüste finden und nach Sudan führen, mit Straußfedern
und Sklaven; diese letzteren verschaffen sie sich oft durch Gewalt,
indem sie mit unwiderstehlicher Schnelligkeit die Dörfer ihrer süd¬
lichen Nachbarn, der Neger, überfallen. Sie sind im ganzen