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E. Amerika.
ihnen niedergelassen und die Herrschaft an sich gerissen hatte, be¬
deutende Fortschritte in der Civilisation gemacht. Die Fürsten der
Azteken herrschten unumschränkt, drückten aber das Volk, welches
noch seine angestammten Kaziken oder Oberhäupter hatte, so ge¬
waltig, daß mehrere dieser unterjochten Oberhäupter den Einbruch
der Spanier als eine günstige Gelegenheit ergriffen, das Joch ab¬
zuwerfen,^ und den Spaniern ihre Eroberung nicht wenig erleich¬
terten. Cortez landete 1519 in dem Hafen- welcher jetzt S. Juan
de Ulloa heißt, und zeigte seinen unerschütterlichen Muth gleich
anfangs dadurch, daß er seine Schiffe vernichten ließ, umseinen
Gefährten nur die Wahl zwischen Sieg oder Tod zu lassen. Nach
einem Siege über die tapfern Bewohner von Tlaskala, welche die
treuesten Bundesgenossen der Spanier wurden, rückte er in Me¬
xiko selbst ein, wo er mit Ehrfurcht aufgenommen wurde, aber
bald darauf den unglücklichen Kaiser Montezuma, der ihn besucht,
als Gefangenen zurückbehielt. Ein kleines spanisches Heer, wel¬
ches der Statthalter von Cuba gegen Cortez, den er des Vcrraths
beschuldigte, ausgesendet/ trat von ihm gewonnen unter seine
Fahnen. Dennoch mußte er, in Mexiko vom Volke mit Wurh
angegriffen, welches selbst den zum Frieden ermahnenden Monte¬
zuma mit Steinwürfen tödtlich verwundete, diese Stadt 1520 mit
Verlust von mehr als 459 Spaniern verlassen. Noch im nemli-
chen Jahre aber rückte er nach mehreren «Liegen vor Mexiko, wel¬
ches erst nach einer 75tägigen Belagerung am Listen August er¬
obert ward. Der letzteKaiser Guatimozin ward, um seine verbor¬
genen Schätze von ihm zu erfahren, unwürdig gefoltert und ge¬
hangen. Das ganze Reich fiel nun nach und nach in die Gewalt
der Spanier, und die unglücklichen Mexikaner traf Jahrhunderte
lang ein hartes Loos. Das Land ward mit seinen Bewohnern an
die Gefährten des Eroberers, an Klöster und andre Begünstigte
vertheilt und die Einwohner als Leibeigene behandelt; das Ganze
ward unter dem Namen eines Vice-Königreichs Neu-Spanien
von Vicekönigcn beherrscht, welche in den letzteren Zeiten alle 5
Jahre wechselten. Erst mit dem 18ten Jahrhundert ward das
L!oos der Eingebogen verbessert; bte Encomiendas, oder die
Vertheilungen der Grundstücke mit sammt den Bewohnern, wur¬
den aufgehoben, und die Zahl der Indianer, welche von 8 Millio.
nen nach der Eroberung bis auf weniger als 2 Millionen herabge¬
kommen waren, hat seitdem wieder angefangen sich zu heben. Jn-
deß hatte sich aber auch die Zahl der freien Farbigen und dw
Kreolen, d. h. der in Amerika von europäischen Eltern gebn-
nen, gegen die der Chapetones (spr. tschapetones), d. h. it
Europa gcbornen Spanier, außerordentlich vermehrt, und jene
ertrugen es schon längst mit Erbitterung, daß alle Aemter uid
Würden nur den National-Spaniern zu Theil wurden. Sckon
1810 brachen die ersten Unruhen aus, welche indeß noch gedämpft