Full text: Abriß der Weltkunde (Abth. 7)

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247. Rudolph von Habsburg. 
Fast zwanzig Jabre hatte Deutschland keinen Kai¬ 
ser gehabt, als Rudolph 1273 gewählt wurde. Diese 
kaiserlose Zeit nennt man das Interregnum. Gewalt¬ 
thätigkeiten aller Art wurden ausgeübt; wer die stärkste 
Faust hatte, der hatte das Neckt. Wenn die Kaufleute 5. 
mit ihren beladenen Wagen ruhig ihre Straße zogen, so 
fielen die Ritter aus ihren festen Burgen bewaffnet her¬ 
aus und beraubten die Vorüberziehenden. Solchen Zu¬ 
stand mochten die Deutschen nicht länger ertragen und 
versammelten fich zur Kaiserwahl. Der Erzbischof Wer» 10. 
ner von Mainz brachte den schweizerischen Grafen Ru¬ 
dolph in Vorschlag, den er auf einer Reise nach Rom 
kennen gelernt hatte. Rudolph bot ihm damals freund¬ 
lich Schutz und Begleitung durch die Schweiz an, und 
Werner sprach beim Abschiede die Worte: „Edler Graf, 15. 
konnte ich späterhin den mir erwiesenen Dienst durch die 
That vergelten!" Jetzt war die gelegene Zeit. — 
Ein andermal war Rudolph auf die Jagd gegan¬ 
gen. Im Walde begegnete er einem Priester, welcher zu 
einem Kranken wollte, um ihm zum letzten Male das 20. 
heilige Abendmahl zu reichen. Der angeschwollene Bach 
batte aber den Steg weggerissen, und eben wollte der 
Priester das Wasser durchwaten; da stieg Rudolph von 
seinem Pferde und half dem Priester hinauf. Als die¬ 
ser andern Tags dem Grafen das Pferd zurückbrachte, 25. 
schenkte es ihm Rudolph mit den Worten: „Verhüte 
Gott, daß ich ferner das Pferd zum Jagen benutzen 
sollte, welches zu so heiligem Dienst gebraucht worden 
ist; behalte es für dich zu ähnlichen Diensten!" 
Dieser fromme und tapfere Graf wurde nun fast 30. 
einstimmig erwählt, und herrlich hat er das in ihn ge¬ 
setzte Vertrauen gerechtfertigt. Zuerst zog er gegen den 
widerspenstigen König Ottokar von Böhmen. Auf dem 
Marckfelde kam eS zur Schlacht, in welcher Ottokar fein 
Leben verlor. Nun machte er sich an die Zerstörung der 35. 
Raubschlösser. Einst zerstörte er ihrer in einem Monate 
über 60. Die adeligen Räuber ließ er so gut bestrafen 
und hinrichten, wie die andern. „Keinen halte ich für 
adelig", sagte er, „der von Raub und unehrlicher Han- 
thierung lebt." Dabeiblieb er auf dem Kaiserthrone ein- 40. 
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