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vertraue aber meinen Lesern, daß sie gleicher Ansicht sind, und da¬
her mit einigen Pinselstricheu vorlieb nehmen, das etwa Unrich¬
tige und Mangelhafte ergänzen, und das, was ich mittheilen wer¬
de, nur als Veranlassung zu genauerer Betrachtung der Bewoh¬
ner unserer Provinzen ansehen werden. Ich gehe daher nun, mit
Hinwegdrückung aller Bedenklichkeiten, an das Werk. Zuerst wer¬
de ich allgemeine Bemerkungen, nachher, zu größerer Veranschauli¬
chung, individuelle Charakterzüge und einzelne Schilderungen über die
Bewohner einzelner Gegenden und Oerter mittheilen.
Die Bewohner der preußischen Rheinprovinzen sind in
Sprache, Sitten und Charakter sehr verschieden. Sie sind
zwar, mit der einzigen Ausnahme der Bewohner des Kreises
Malmedy, woMallonen wohnen, dieeinverdorbenes Fran¬
zösisch sprechen, sämmtliche Deutsche, sprechen als solche
auch sämmtlich die deutsche Sprache, und haben allgemein die
Grundzüge des deutschen Charakters; aber, ungeachtet
dieser gemeinsamen Merkmale, trifft man in Bezug auf
die genannten Verhältnisse eine außerordentliche Verschic-
denheit. Dieselbe ist bedingt: durch die Verschiedenheit
der Abkunft, der geschichtlichen Verhältnisse, des Bodens,
der Beschäftigung und des Einflusses der Nachbarn.
Im Regierungsbezirke Trier wohnen hauptsächlich die
Nachkommen der alten Trevier, welche in den neuesten
Jahrhunderten unter dem Krummstabe der Erzbischöfe von
Trier standen; in Köln wohnten ehemals die Ubier; auf
der rechten Rheinseite die Sigambrer, und im nördlich¬
sten Theile Rheinpreußens Gugerner und Bataver. Die
Bewohner von Köln lebten lange Zeit unter Erzbischöfen,
die Bewohner des Bergischen Landes unter eigenen Her¬
zogen, wie die des Clevischen Landes. Hier herrschten
aber auch zum Theil in gewissen Zeiten die Niederländer
und Spanier. Außerdem stand das linke. Nheinufer in
den neuesten Zeiten hauptsächlich unter dem Einflüsse der
französischen Regierung, welchem das rechte Nheinufer
nie in gleichem Grade ausgesetzt war. Wie sollte cs
unter solchen Umständen möglich gewesen sein, daß die
Bewohner Rheinpreußens zu einerlei Charakter gelangt
wären ! Vielmehr erklären sich die vorhandenen großen
Verschiedenheiten ganz natürlich. Da die Churfürstenthü-
mcr Köln und Trier an einander lagen, so sollte man meinen,
daß die Bewohner beider Länder einander sehr ähnlich sein
würden. Allein sehr auffallend ist bis auf den heutigen
Tag die Verschiedenheit dieser Bewohner. Dieselbe sprach
sich auch durch die Gesinnung dieser Länder gegen einan¬
der aus. Die Nette, welche bei Andernach in den Rhein
fließt, machte die Gränze beider Churfürstenthümer.