Object: Die Geschichte Württembergs

§.58. König Karl. Der deutsch-fr. Krieg u. die Aufrichtung des netten deutschen Reichs. 243 
Der Reichstag, bem bas schwere Werk des Auf- unb Ausbaus des 
deutschen Reichs zugetheilt ist, hat bis jetzt die Rechts-, Maß- und Münz¬ 
einheit für Deutschlanb geschaffen unb bfe vom Bunbesrath vorgelegten kirch- 
lich-politischen Gefetze genehmigt, welche ben unbefugten Eingriffen ber 
römischen Hierarchie in bie beutschcn Staatsangelegenheiten eine Schranke setzen. 
In Württemberg hatte bte Neubilbung bes beutschcn Reichs die Ver¬ 
abschiedung des Ministers von Varnbülcr mit sich gebracht. König Karl 
und Königin Olga sorgen für das Wohl des Landes aufs kräftigste. Zur Be- 
rathung über kirchliche Angelegenheiten ist feit der Regierung des Königs Karl 
> zum zweiten Mal eine Landessynode gewählt, bte zur Hälfte aus geistlichen, 
zur Hälfte aus weltlichen Mitgliebern besteht. Zur Vermehrung ber Zahl von 
Lehrern an Volksfchulen sind zwei weitere <S eminarten gegrünbet würben, 
das eine für Lehrer in Künzelsau, das andere für Lehrerinnen in Markgröningen. 
Königin Olga hat eine dem Katharinenstift parallele Anstalt, die Olgafchnle, 
gestiftet. Allenthalben zeigt sie sich als „Mutter der Armen", als welcher 
sie in wirksamster Weife der Noch der Bedürftigen, mehr noch im stillen als öf¬ 
fentlich, abzuhelfen sucht. Eine ihrer bedeutendsten Stiftungen ist „das Haus 
der Barmherzigkeit" in Wildberg. Möge die Regierung unsreS edlen 
Königspaars nach lange von Glück und Segen begleitet sein, 
da mit in unsrem Lande „Ehre wohne, daß Güte und Treue ein- 
ander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen, daß Wahr- 
heit aus derErde sprieße und Gerechtigkeit vomHimmel schaue!" 
Pfalm 85, 10—12. 
§. 59. 
Schluß. 
Wir haben die Gefchicke des Württemberger Landes und Volkes durch 
sechs Jahrhunderte geschildert. Der Verfall eines mächtigen Fürstengeschlechts 
aus Schwaben, ber Hohenstaufen, hatte zunächst bie Möglichkeit geschaffen, 
baß sich Württemberg aus geringem Ansang allmählig zur Hauptmacht Schwa¬ 
bens entwickeln konnte. Vermittelst seiner Lage und Stellung war es ein so ge- 
eignetet- Vorposten gegen Frankreich, daß Habsburg erst nach den schwersten 
Kämpfen ganz auf feinen Besitz verzichtete, und daß Württemberg in den langen 
Kriegen zwischen Deutschland und Frankreich stets der Schauplatz von Truppen- 
ntärschen, Plünderungen und Verwüstungen blieb. Die Erhebung eines 
andern mächtigen Fürstengeschlechts aus Schwaben, der Hohenzollern, auf 
den deutschen Kaiferthron und die Neubildung des deutschen Reichs brachte die 
würdige Einreihung Württembergs in den Kranz der deutschen Staaten mit sich. 
Als Glied des gesammten Reiches wird es-in Zukunft bei dem Gestalten und 
Ordnen der Staats- und Lebensformen mitwirken, und es wird sich auf dem 
Boden der Fremdartigkeit des fchwäbifchen Volksstammes der Begriff der Frei- 
heit in allen Gebieten der öffentlichen Thätigkeit ausbilden und weiter entwickeln. 
Wohl begegnen uns täglich auf dem Boden des politischen, kirchlichen und 
socialen Lebens mancherlei Erscheinungen, welche unsere Hoffnungen aus eine ge- 
> deihliche Entwicklung aller Verhältnisse trüben könnten. Der heiß entbrannte 
Kampf zwischen dem Staat und d er rö misch en Kirche erregt allent- 
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