61
Mit zufriedenem und bescheidenem Sinn ernten
sie den jährlichen Ertrag ihrer Bemühungen, und theilen
gerne dem Dürftigen von ihrem Ueberfluffe mit.
Das ganze Jahr hindurch legt nicht leicht ein Mensch
des ganzen Kreises sich hungrig zu Bette — es ist ein
gesegnetes Land, das dem Bewohner zwar kein glanzen¬
des Glück, aber dem Fleißigen doch stets sein bescheiden
Theil darbietet.
Wie der Mensch in unserm Kreise keine hohen An¬
forderungen an die Natur macht, so darf man auch keine
großen Anforderungen an ihn selbst machen. Er würde
sie doch nicht befriedigen. Der Schöpfer hat ihn nicht
mit besondern Gaben und Vorzügen des Leibes und Gei¬
stes ausgestattet; er ist ein Mensch gewöhnlichen, guten
Schlages, ohne aufstrebenden. Alles versuchenden Sinn.
Nur in eng geschloffenen Landstrichen, die mit Völker-
scheidenden Höhen von den angranzenden Landern ge¬
trennt sind, nicht in Flachländern bilden sich besondere
hervorstehende Eigenthümlichkeiten und große Vorliebe
zum beimischen Boden.
Nicht wie der Siegerländer mit Hochgefühl spricht:
„es giebt nur ein Siegerland," spricht man hier:" es
giebt nur ein Getderland," oder „es giebt nur eine Graf¬
schaft Mors," sondern den Bewohnern derselben gefallt
es auch da, wo ihr Lebensunterhalt gesichert ist.
Höhere Anforderungen machen sie auch an die Regie¬
rung nicht, als die, daß sie möglichst geringe Abgaben
verlange und sie in altem Herkommen, wo möglich gar
nicht, störe.
Deßwegen sind Land und Leute auch leicht zufrieden
zu stellen und leicht zu regieren.
Gönnen wir daher unsern bescheidenen, stillen Lands¬
leuten ihren behaglichen, zufriedenen Sinn, ihren frohen
Lebensgenuß und ihre Meinung von der Vortrefflichkeit
des Althergebrachten, uud bekämpfen wir ihn nur da,
wo höhere Pflichten es gebieten! Sonst werde hier
wahr, was der gute Heinrich IV. seinem Frankreich
wünschte, daß jeder Bauer des Sonntags sein Huhn im
Topfe haben möge!
Wie der Mensch, so bietet hier die Natnr keine her¬
vorstechenden Seiten und Schönheiten dar. Nackt und
öde liegen im Winter die Fluren da, und nirgends wird
das Auge von einzelnen großartigen Ansichten gefesselt.
Aber der Frühling bringt Reiz und Leben auf den Erd¬
boden. Da grünen die Felder und Wiesen, der Busch