Full text: Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule

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Macht zu gewaltsamer Verfolgung, als ihre Auflehnung 
gegen daS römische Joch 70 Jahre nach Christi Geburt 
Jerusalems Zerstörung herbeigeführt hatte; allein auch 
von den Kaisern deö römischen Reiches sahen sich die 
Christen hart angefeindet. Anfangs verfolgte man die¬ 
selben, weil man sie für fanatische Juden hielt; bald 
aber sollten sie Gotteslaügner sein, weil sie nur vor 
Gott, nicht vor Götzen knieen mochten; Verschwörer, 
weil Druck und Verfolgung sie zu Geheimhaltung ih¬ 
rer Versammlungen zwang; Aufwiegler, weil sie dem 
gotteslästerlichen Gesetze sich nicht unterwarfen, welches 
Weihrauch auf die Altäre der vergötterten Kaiser zu 
streuen befahl; Verführer, weil sie durch Bekehrung 
zum Christenthume die Seelen derer retteten, welche 
die Wahrheit suchten, die sie im Heidenthume nicht 
finden konnten; Menschenhaffer, weil sie die Gesell¬ 
schaft der Heiden mieden, wo nur Hohn und Mi߬ 
handlung ihrer wartete. Ihr erster kaiserlicher Ver¬ 
folger war Nero, durch den auch Petrus und Pau¬ 
lus zu Rom getödet worden sein sollen; nach ihm 
wüthete Domitian. Selbst der übrigens lobenswerthe 
Trajan gab strenge Gesetze gegen die Christen; doch 
milderte er dieselben, als sein Freünd Plinius, Statt¬ 
halter über Kleinasien, in einem Berichte die Verleüm- 
dungen widerlegte, durch welche jener zu diesen Ma߬ 
regeln veranlaßt worden war. Traurig, traurig der 
Anblick blinder Wuth, mit welcher die Verlhetdiger 
des alten Unwesens gegen die Bekenner der neüern 
bessern Lehre verfuhren! aber hocherfreülich auch die 
Erzählung von den vielen Edeln, welche Freiheit und 
Gesundheit, Gut und Blut und Leben unter unsägli¬ 
chen Martern lieber dahin gaben, als daß sie gewichen 
wären von dem Worte des Herrn, als daß sie unge¬ 
rechter Gewalt sich gebeugt hätten! Man nannte sie 
Bekenner und Märtyrer (Zeugen), bewahrte die Ge¬ 
beine ihrer gemarterten Leiber und was sonst man von 
ihnen erlangen konnte, als hochheiliges Andenken (Re- 
ltquien), betete an ihren Gräber», während man mit 
Abscheü von denen sich wendete, welche aus Todesfurcht 
Weihrauch auf die Altäre der Kaiser gestreüt, ihrem 
Glauben entsagt, oder wohl gar die heiligen Bücher 
ausgeliefert hatten, damit man sie verbrenne. Letzteres
	        
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