fullscreen: Römische Kaisergeschichte, Die deutsche Geschichte des Mittelalters (Teil 2)

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noch fleißig vergrößert werden, und in den nächsten zwei Jahrhun- 
derten bot sich dem überschüssigen Teile der deutschen Bauern, dem die 
Heimat zu eng wurde, die Gelegenheit, in das Kolonialgebiet 
des Ostens auszuwandern. Damals erhielten die bis dahin 
slavischen Länder östlich der Elbe bis über die Oder hinaus, ferner 
das Land an der unteren Weichsel und am Pregel eine so zahl- 
reiche Zuwanderung aus Deutschland, daß sie sast völlig und dauernd 
verdeutscht wurden. Auch nach Böhmen, nach den Ostseeprovinzen 
des heutigen Rußland, nach Polen, Ungarn und Siebenbürgen 
strömten in diesen Zeiten große Scharen deutscher Auswanderer. 
2. Der Ritterstand. Während in Deutschland der Bauern- 
stand mit seiner Freiheit die Wehrpflicht preisgab und sich lediglich 
zu einem Nähr st and entwickelte, bildete sich anderseits auch ein 
ausschließlicher Wehrstand aus. Seinen Ausgang nahm er von 
den Großgrundbesitzern, die vom Könige mit Lehen ausgestattet 
wurden, um den Reiterdienst zu versehen, und die auch für die 
Bauern, die zu ihnen in ein Abhängigkeitsverhältnis traten, deren 
Kriegspflicht auf sich luden. Da die zahlreichen Kriege eine Ver- 
stärkung der Reiterheere nötig machten, so gaben die Könige, aber 
auch die anderen Großgrundbesitzer (Bischöfe, Grafen u. a.) immer 
mehr Lehen an freie wehrhafte Leute aus, um die Zahl ihrer 
Vasallen zu vergrößern. Zuletzt nahmen sie auch unfreie, krie- 
gerisch tüchtige Mannen (Dienstleute, Ministerialen) zum Reiter- 
dienste an; letztere wurden infolge der Gleichartigkeit des Dienstes, 
der Sitten und des Lohnes, der in einem Lehen bestand, den Va- 
fallen ebenbürtig. Aus dieser Verschmelzung der ursprünglich freien 
Vasallen und der aus unfreiem Stande hervorgehenden Ministerialen 
entwickelte sich der niedere Adel, der Ritterstand. Seine glän- 
zendste Zeit ist die zweite Hälfte des zwölften Jahrhunderts. Auch 
die Herrn vom hohen Adel, Grafen und Herzöge, zählte man damals 
gelegentlich zum Rittertum, mit dem sie durch das gleiche Standes- 
gefühl und das gleichgeartete Leben verknüpft waren. Erst um 
1200 wurde der Ritterstand zu einem Geburtsstande, da die Auf- 
nähme von wehrhaften Leuten, die nicht ritterbürtig, d. h. Söhne 
eines Ritters waren, erschwert oder untersagt wurde. 
Für das deutsche Ritterleben bildete das französische Ritter- 
tum, mit dem die Kreuzzugsbewegung vielfache Berührung brachte, 
das Vorbild. Der zum Ritter bestimmte Knabe, meist selbst eines
	        
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