Full text: Der sächsische Kinderfreund

Wir kommen nun zu den G e s ch m a ck nerv e n, wo¬ 
durch wir diejenige Enrpfindung erhalten, die der Geschmack 
heißt. Das Hauptwerkzeug des Geschmacks ist die Z u n ge, 
unter der sich das Z u n g e n b a n d oder das Zungenhaut- 
chen befindet, an welches die Zunge gewachsen ist. Zuweilen 
findet man bei kleinen Kindern dieses Zungenband zu lang, 
wodurch die freie Bewegung der Zunge und natürlich auch 
das Sprechen erschwert wird. In diesem Falle wird ein 
Stückchen jenes Bandes durchschnitten, und man sagt: die 
Zunge, wird gelöst. Die Zunge selbst, die aus mehren 
Muskeln besteht, ist mit einer dreifachen feinen Haut über¬ 
zogen, wovon die unterste die Nervenhaut darum heißt, 
weil sie viele Nerven enthalt, deren Spitzen sich in der 
oberen Haut verbergen. Wenn wir nun Nahrungmittel zu 
uns nehmen, so lösen sich die Theile derselben auf und be¬ 
rühren die in der Zunge überall verbreiteten Nervenspitzen. 
Auf diese Weise erhalten wir den Geschmack, dessen Ein¬ 
drücke sich ebenfalls durch die Zungennerven bis in das 
Gehirn fortpflanzen und auf unsre Seele einwirken. Ein 
gesunder Geschmack bleibt allemal das sicherste Kennzeichen 
von Gesundheit. Dem Kranken ekelt vor der beßten Speise, 
oder es schmeckt ihm Alles bitter. Und das geht ganz na¬ 
türlich zu. Denn der Speichel vermischt sich mit der Speise, 
um sie zu erweichen und zu verdauen; bei einem kranken 
Menschen sind die Safte verdorben und dieser ungesunde 
Speichel verdirbt sodann den Geschmack. Aus eben diesem 
Grunde sieht auch der Arzt bei dem Kranken nach der 
Farbe der Zunge. Ist diese nicht roth, sondern mit einem gelben, 
braunen Schleime bedeckt, so giebt ihm dieß zu erkennen, 
das; die Safte des Patienten noch unrein sind. Je mehr 
sich diese reinigen, desto mehr erhalt die Zunge ihr natürli¬ 
ches Ansehen. Auch hier können wir die weise Einrichtung 
des Schöpfers nicht genug bewundern. Denn Gott wollte 
uns nicht blos sättigen, sondern auch mit dem Genusse der 
Speisen Wohlgeschmack und Freude verknüpfen. Jedes 
Thier, jede Pfianze, die wir genießen, hat daher einen ver¬ 
schiedenen Geschmack. Eben so lehrt uns, dieser Sinn, 
solche Nahrungmittel zu meiden, die unsrer Gesundheit 
nachtheilig sind. Daß durch den häufigen Genuß scharfer 
Gewürze und erhitzender Getränke die Geschmacknerven nach 
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