Full text: Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen

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Geschichte. 
die deutschen Gelehrten nicht achtete und sogar das Deutsche rein 
und richtig sprechen zu lernen verabsäumte. 
Im Jahre 1740 starb der deutsche Kaiser Karl VI. Er 
bestimmte seine Tochter Maria Theresia zur Nachfolgerin als 
Königin von Ungarn und Erzherzogin von Oesterreich. Allein 
Frankreich wollte sie nicht anerkennen, und so kam es zum Kriege 
zwischen Frankreich und Oesterreich. Diesen benutzte Friedrich 
gleich nach dem Antritt seiner Regierung, um bei der Gelegenheit 
einige schlesische Fürstenthümer zu erhalten, auf die er Ansprüche 
hatte. Um seiner Forderung Nachdruck zu geben, ließ er ein großes 
Heer 1740 in Schlesien einrücken. Das Land war nur schwach 
von den Oesterreichern besetzt, die Eroberung deshalb leicht. Aber 
das folgende Jahr sandte Maria Theresia den Feldmarschall Neu- 
perg mit einem Heere nach Schlesien, um es den Preußen wieder 
zu entreißen. Bei dem Dorfe Moll Witz, in der Nähe von Brieg, 
kam es zur Schlacht; die Preußen erfochten einen zwar blutigen, 
aber entscheidenden Sieg, welcher dem jungen Könige großes 
Ansehen in Europa verschaffte. Preußens Glück rief schnell mehrere 
Fürsten zu den Waffen; denn fast alle waren Feinde Theresiens, 
aber Freunde ihrer schönen Besitzungen. Als nun die Franzosen 
in Böhmen vordrangen und der Kurfürst von Bayern tief in 
Oesterreich eingerückt war, stand es sehr schlimm mit ihr. 
So von allen Seiten bedrängt, verlor die junge Königin doch 
den Muth nicht. Sie setzte das ganze Vertrauen in die Liebe 
ihrer Unterthanen. Mit dem Schwerte umgürtet, und ihren 
Säugling, den nachmaligen Kaiser Joseph, auf dem Arme, 
erschien sie zu Presburg in der ungarischen Ständevcrsammlung. 
Ihr flehendes Auge glänzte in Thränen. „Eurem Heldenarme," 
sprach sie, „und eurer Treue vertraue ich mich und mein Kind; 
ihr seid der letzte Anker meiner Hoffnung!" Die Jugend, die 
Schönheit und das Unglück der Königin machten einen tiefen Ein¬ 
druck. Begeistert rissen sämmtliche anwesende Edelleute ihre 
Schwerter aus der Scheide, schwangen sie über dem Kopfe und 
riefen: „Leben und Blut! Wir wollen sterben für unsere Königin 
Maria Theresia!" Ganz Ungarn griff freudig zu den Waffen; 
schon nach einigen Wochen waren 15,000 Reiter bei Presburg 
versammelt. In kurzer Zeit wurde Oesterreich befreit und Bayern 
erobert. Nicht so glücklich ging der Kampf gegen Friedrich. Dieser 
drang in Mähren bis über Brünn hinaus. Da schloß Theresia 
einen Frieden, worin sie Schlesien dem Könige abtrat. 
Friedrich achtete indeß genau auf den Gang der Begeben¬ 
heiten. Theresia hatte das Glück, über alle ihre Feinde zu 
siegen. Friedrich aber sah voraus, daß sie suchen würde, ihm 
mit überlegener Macht sein Schlesien wieder zu nehmen, sobald
	        
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