Full text: Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen

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Naturlehre. 
einen Schieber, der unten angebracht ist, in die Federn, so wird 
man sich überzeugen, daß sie am Boden viel dichter liegen als oben 
am Kastendeckel. Das ist nicht schwer zu erklären. Wie gering auch 
das Gewicht der obern Federschicht ist, so drückt sie dennoch aus 
die darunterliegende, dann die zweite mit der obern schon mehr auf 
die dritte: es sind also die untern Schichten von dem Gewichte aller 
obern am meisten gedrückt, und es müssen dort die Federn dicht 
zusammengedrängt sein. Gerade so ist es mit der ganzen, über 
der Erde befindlichen Luft: ihre untere Lage ist dichter als die 
höhere; überhaupt drückt die Luft durch ihre Schwere 
bedeutend auf die Erde und alle darauf befindlichen Gegenstände. 
— Endlich ist noch wohl zu merken, daß die Luft, wenn sie nichts 
daran hindert, sich von selbst ausdehnt, nicht aber, daß sie 
ein Bestreben hat, sich von selbst zusammenzuziehen. Deshalb 
wird sie als ein ausdehnbar flüssiger, das Wasser dagegen 
als ein tropfbar flüssiger Körper betrachtet. 
Hier ist eine Röhre von einer Knallbüchse. Ich fülle sie mit 
Wasser. Es kann nicht herausfließen, weil ich die untere Oeffnung 
zuhalte. Nun werde ich die obere Oeffnung fest schließen, die Hand 
von der untern hinwegnehmen, und — das Wasser bleibt in der 
Röhre. Jetzt hebe ich den Finger von der obern Oeffnung in die 
Höhe, und — das Wasser läuft unten heraus. Wie ist das zu 
erklären? Als ich die obere Oeffnung der Röhre verschlossen hielt, 
drückte die Lust gegen die untere und verhinderte den Austritt des 
Wassers; nachdem ich aber oben aufmachte, da drückte die Luft auch 
von dieser Seite: der eine Druck wurde durch den gleichen Gegen¬ 
druck aufgehoben, und das Wasser drang vermöge seiner Schwere 
aus der Röhre. Aber was heißt denn das: ein Druck wird durch 
den Gegendruck aufgehoben? Folgendes Beispiel wird es deutlich 
machen: Wenn ich mit der Hand an die Fensterscheibe stark drücke, 
so springt das Glas; öffne ich jedoch den Fensterflügel und drücke 
mit beiden Händen von der einen Seite so stark wie von der 
andern, so bleibt die Scheibe unversehrt: es wird die Wirkung der 
einen Hand durch die der andern aufgehoben. Spannt man ein 
Pferd an die Deichsel, ein zweites gleich starkes an den hintern 
Theil des Wagens und läßt beide auf einmal ziehen, so kommt der 
Wagen nicht von der Stelle, weil die eine Kraft durch die ent¬ 
gegengesetzte unwirksam gemacht wird. 
Folgende Erscheinungen, die sich auf den Druck der Luft 
gründen, sind nun nicht schwer zu erklären: Das Bier läuft aus 
einem Faste sehr langsam oder gar nicht durch die Oeffnung des 
Zapfens, wenn oben der Spund nicht herausgenommen oder gelüftet 
ist. Wenn man ein Trinkglas voll Wasser gießt, dann ein Blatt 
Papier darüber legt, die eine Hand auf dem Papiere hält und mit
	        
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