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Fremden gegenüber Germanen (d. h. Wehrmänner, Speermänner)
nannten, bewohnt.
Die alten Deutschen waren ein kräftiger -Menschenschlag von
hoher Gestalt, blauen Augen, blonden, etwas röthlichen Haaren und
starken, rüstigen Gliedern. Ihre Kleidung war entweder anliegend,
oder sie bestand in einem mantelartigen Überwurf ohne Ärmel von
grober Leinwand oder von Thierfellen. Sie wohnten in Hütten
von rohem Holzwerke, mit Zweigen, Rohr oder Stroh gedeckt, welche
nicht in zusammenhängenden Städten und Dörfern, sondern einzeln
auf einem Weideplätze oder im Walde lagen und von einem
Gehege umgeben waren. Ihre Nahrung war einfach: Kräuter und
Wurzeln, Waldbeeren und Baumfrüchte, Vogeleier, Fische und Fleisch
aß man entweder roh, oder gekocht und geröstet-; ihre Lieblings¬
speise war Haferbrei und ihr liebstes Getränk Meth, den sie aus
Gerste und Honig zu bereiten wußten. Auch Brod, Butter und Käse
zu machen, verstanden sie. Einfache Geräthschaften und Werk¬
zeuge verfertigten sie sich aus Holz, Thon, Stein und Eisen. Doch
hatten sie auch schon Karren, Pflüge und Webstühle, freilich einfacher
als die unsrigen. Zum Sitzen und Liegen, dienten ihnen die Häute
von Hunden, Wölfen und Bären.
Es gab bei den alten Deutschen noch keine besonderen Hand¬
werker; jeder mußte sich das, dessen er zum Leben nöthig hatte,
selbst zu verschaffen suchen. Ihre Arbeit diente daher auch nur zu
des Leibes Nothdurft. Außer den ihren Bedürfnissen entsprechenden
Handarbeiten wurde Ackerbau und Viehzucht getrieben, doch nur
von den Frauen, den Schwächlingen und Sclaven. Der freie,
kräftige Mann hielt es unter seiner Würde, zu arbeiten.
Auf seinem eigenen Gehöfte, umgeben von dem nöthigen Ackerlande
und von Weideplätzen zur Nahrung für das Vieh, lebte der freie
Deutsche mit seinem Weibe, seinen Kindern und Sclaven, welche
letzteren bei keinem der alten Völker so gut gehalten wurden, als bei
unseren Vorfahren. Der Hausvater war das Haupt, der Herr
und Richter in seiner Familie.
Die liebste Beschäftigung der Deutschen war der Krieg. War
in der Volksversammlung ein Krieg beschlossen, so wählte man den
Tapfersten zum Führer, hob ihn jauchzend auf den Schild und be¬
grüßte ihn als Herzog. Dieser ließ dann das Aufgebot an alle
freie Männer ergehen, die sich dann nach ihren Geschlechtern,
Gemeinden und Gauen ordneten. Das war der deutsche Heer¬
bann. Auf Wagen folgten ihm oft die Frauen mit den Kindern
nach, um von der Wagenburg herab den Kämpfenden Muth zuzurufen
und die Verwundeten zu pflegen. Ihren Führer verließen die Deutschen
nicht, und einer suchte es an Tapferkeit dem andern zuvorzuthun.
Die Waffen bestanden aus einem Schilde, aus Lanzen,
Spießen, Schwertern, Keulen, Streitäxten, Pfeilen und
Steinen. ->
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