Full text: Für die Oberklassen (Theil 2)

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wenn du dieß dir erwirbst. — So dacht' ich, liebster Sohn, so 
sucht' ich auch zu leben; nnd dieses Glück kannst du, mit Gott, dir 
selber geben. Vergiß es nie: das größte Glück allein, ist — ein 
rechtschaffen er Mann zu sein." G^c«. 
*35. Der Mägdlein Schmuck. 
*346. Es wächst ein BI um Ein Bescheidenheit, der Mägdlein Zierd' 
und Ehrenkleid. Wer solches Blümlein sieh frisch erhält, dem blühet 
golden die ganze Welt. 
Auch wird ein zweites, das Demuth heißt, als Schmuck der Mägdlein 
hochgepreist. Die Englein, singend an Gottes Thron, es tragen als De¬ 
mant in goldner Krön'.' 
Ein drittes Blümlein, wo diese zwei nur steh'n. ist immer dicht dabei, 
heißt Unschuld, siehet gar freundlich aus; das schönste Blümlein im 
Frühlingsstrauß. 
^ So pflege, Mägdlein, der Blümlein drei mit frommer Sorge und 
stiller Treu'; denn wer sie wahret, wird nimmer alt, trägt stets die himm¬ 
lische Wohlgestalt. * Aindk. 
*36. Die Schatzgräber. 
* 347. Ein Winzer, der am Tode lag, rief seine Kinder her 
und sprach: „In unserm Weinberg liegt ein Schatz; grabt nur 
darnach!" — „An welchem Platz?" schrie'n alle laut den Vater 
an. „Grabt nur!"... O weh! da starb der Mann. Kaum war 
er drauf zur Gruft gebracht, so ward gegraben Tag und Nacht; 
mit Hacke, Karst und Spaten ward der Weinberg um und um 
gescharrt. Da war kein Kloß, der ruhen blieb; man warf die Erde 
gar durchs Sieb und zog die Harken kreuz und quer nach jedem 
Steinchen hin und her. Allein da ward kein Schatz verspürt, und 
jeder hielt sich angeführt. Doch kaum erschien das nächste Jahr, 
so nahm man mit Erstaunen wahr, daß jeder Weinstock dreifach 
trug. Da wurden erst die Söhne klug und gruben nun Jahr ein 
Jahr aus des Schatzes immer mehr heraus. 
* 37. Der Wegweiser. 
^ 348. Weisst, wo der Weg- zum Mehlfass ist, zum vollen 
Fass? Durch’s Weizenfeld mit Pflug und Karst vom Morgenroth, 
bis .Sternlein stehn am Himmelszelt. 
Man hackt, so lang' der Tag nur hilft, guckt nicht umher und 
steht nicht da; drauf geht der Weg durch’s Scheunenthor der Küche 
zu — da hat man’s ja! — 
Weisst, wo derWeg zum Thaler (Gulden) ist? Dem Pfennig (Kreuzer) 
nach; merk’ dir die Lehr’! Denn wer nicht auf den Pfennig (Kreuzer) 
sieht, der kommt zum Thaler (Gulden) nimmermehr. 
Wo ist der Weg zur Sonntagsfreud’? Geh’ stille nur dem Werk¬ 
tag’ nach durch Werkstatt und durch’s Ackerfeld! Der Sonntag 
kommt schon selber nach. 
Am Samstag ist er nicht mehr weit. Was deckt er wohl im 
Körblein zu? Denk’ wohl, zur Supp’ ein Pfiindlein Fleisch, kann 
sein — ein Schüpplein Wein üazu.
	        
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