10 
32 
Weibliche Erwerbsarbeit. 
Geschäft nicht; eine alte Frau sollte kommen und Jenny am Morgen und 
Abend helfen. 
Alles war blitzblank gescheuert und geputzt in dem kleinen Geschäft. Die 
vierundzwanzig Parfümflaschen glänzten, ünd nicht ein Staubkorn lag auf den 
Regalen, aber Jenny ging doch umher mit einem Staubtuch und rieb und 
putgte. Durch die offene Tür des inneren Zimmers hörte man das Ticken 
einer sehr häßlichen, vierkantigen sogenannten amerikanischen Weckuhr. Drinnen 
stand das neue eiserne Bett mit seinen gelben Knöpfen und seiner rot-weißen 
Decke, dort stand die alte Eichenkommode, die Jenny in dem Jahre bekam, als 
sie konfirmiert wurde, und dort standen zwei kleine Tische mit kleinen hübschen 
Deckchen, und eine helle Cretonnegardine flog an dem einzigen Fenster hin und 
her. Und auf dem Schreihtische darunter lagen alle im Gesetz vorgeschriebenen 
Handelsbücher mit stolzen Überschriften und warteten darauf, daß die Einwohner 
von Skogby kommen und sich fein machen sollten. 
Und darauf wartete auch Jenny. 
Um acht Uhr kamen die Kinder des Schmieds gegenüber heraus, steckten 
die Finger in den Mund und schielten nach dem neuen, glänzenden Schilde. 
Dann kam der Pastorgehilfe, trat ein, stellte sich vor und wollte ein Gummi— 
band zu seinem Notizbuch. War leider nicht da. Dann wurde es ruhig und 
still mit dem Geschäftsleben bei Luise Malms Nachfolgerin ganze zwei Stunden. 
Jenny ging umher und kramte, zog ihre oberste Kommodenschublade heraus 
und blätterte in einigen alten Briefen. 
„Haben Sie wohl maschinengestickte Streifen zu Unterröcken?“ 
Großer Gott! Das waͤr die Postmeisterfrau in eigener Person, die in 
den Laden gekommen war. 
Ja, es waren welche da, aber nicht genau solche, wie sie die Frau Post— 
meister haben wollte. 
Gegen Abend wurden doch zwei Rollen Garn verkauft und drei Paar 
Schuhschnüre, die sehr ordentlich ins Kassabuch eingetragen wurden. 
Jenny meinte, sie hätte es kaum dazu, an einem so flauen Geschäftstage 
etwas zu essen, aber als sie am Abend zur Ruhe ging, erfüllte sie doch ein ganz 
unbeschreibliches Gefühl der Freude und Selbständigkeit darüber, zum erstenmal 
die Tür im eigenen Heim zu schließen, im eigenen, wenn auch noch so kleinen. 
Zuweilen ging das Geschaft lebhafter, und an einem Tage wurde für 
ganze 16 Kronen verkauft, an einem anderen Tage für elf usw., aber meistens 
für zwei oder drei. Zuweilen drängten sich allerdings die Leute an die Laden— 
tafel, aber teils begleiteten immer drei oder vier einen, um zwei Ellen Band 
zu kaufen, teils waren es solche, die hineinkamen, um sich mit dem netten, an— 
genehmen Fräulein bekannt zu machen, die das Geschäft des alten Fräulein 
Malm übernommen hatte. Die Schar der Neugierigen verzog sich ja bald, 
aber darunter hatte Jenny einige nette Mädchen und junge Frauen gefunden, 
mit denen sie gern ein Stündchen verplauderte, und die bald ohne weiteres die 
Schranke aufhoben und in Jennys Zimmer hineinspazierten, wo zuweilen auf 
der Petroleummaschine gekochter Kaffee mit so vielem frischen Brot serviert 
wurde, daß des Tages Netto nur dafür draufging. 
Jennh begann über den gar zu ruhigen Gang des Geschäfts unruhig zu 
werden und versuchte, die Freundinnen auszufragen, ob der Umsatz zur Zeit 
des alten Fräuleins lebhafter gewesen war. 
„Nein, um alles in der Welt, Liebe; im Gegenteil, alle gehen so ent— 
setzlich gern zu dir. Die Frau des Bezirksrichters kauft jetzt nicht mehr ein 
Bandende in der Stadt.“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.