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belegt, schwere Lasten, vor allem das der Besatzung unentbehrliche Getreide,
zu tragen hatten. Erhielt doch der römische Soldat pro Tag eine Getreide¬
ration, die verbacken etwa 2ll-2 Pfund Brot entsprach.
Wenn nun dieses Horreum der Saalburg wieder aufgebaut wurde
als schlichter, zweigiebeliger Bau, so wurde es seiner Bestimmung als
Vorratskammer nicht entzogen. Es wurde fortan die Vorratskammer für
die in seiner Umgebung gemachten Funde. Erst jetzt zeigt sich, von welcher
Reichhaltigkeit und Bedeutung diese sind. Während die meisten Museen
Fundstücke aus ganz verschiedenen Gegenden und Zeiten vereinigen, habe::
wir hier nur die Gegenstände vor uns, die einem scharf umgrenzten Zeit¬
raum — etwa 100 bis 270 n. Chr. — und einem engumgrenzten kleinen
Bezirk entstammen. Sie sind bei der gründlichen Zerstörung der Bau¬
werke und beim Schweigen fast jeder Überlieferung für uns die einzigen
Überreste, welche vom Leben und Treiben, von gewerblicher Tätigkeit wie
vom Handelsverkehr in unsern römischen Grenzlagern Kunde geben. Wir
erhalten durch sie ein auch in fast allen Einzelheiten deutliches Bild von
jener Zeit der Römerherrschaft an der germanischen Grenze, die mit großenr
Unrecht als die Zeit entehrender Knechtschaft gebrandmarkt wird. Gerade
die Funde des Saalburgmufenms zeigen aufs klarste und überzeugendste,
wie überaus fruchtbar die römische Kultur auf allen Gebieten des Lebens
auf die germanischen Siedler eingewirkt hat, wie Straßen- und Hausbau,
die Feld- und Gartenbestellung, und vor allem das heimische Handwerk
durch die bewundernswerte kolonisatorische Tätigkeit der römischen Eroberer
auf eine so hohe Stufe gehoben worden sind, daß wir nach 1500 Jahren
bei Betrachtung der Funde beschämt gestehen müssen: sogar viel weiter
haben wir es auf diesen Gebieten nicht gebracht. Schon ein Blick
in die Kojen beim Eingang des Museums zeigt das. Da finden wir die
in ihrer Form auch heute kaum geänderten Mühlsteine, meist von Hand¬
mühlen herstammend und aus dem vortrefflichen Niedermendiger Basalt
hergestellt. Sie dienten zum Zerkleinern des Getreides, ebenso die Stein -
Mörser, in denen die Körner mit einem keulenförmigen Holzstampfer
zerstoßen wurden. In den oft sehr umfangreichen Reib schalen ans
Ton, deren Boden durch eingebrannte scharfkantige Quarzstückchen rauh
gemacht ist, wurden die zermahlenen Hülfenfrüchte noch feiner zu Mehl
zerrieben. Aus diesem wurde dann die Polenta oder das Brot hergestellt.
Backöfen, die dazu nötig waren, waren bisher im Kastell noch nicht
gefunden worden; da fügte es ein glücklicher Zufall, daß vor kurzem
mehrere unter den weit ausladenden Wurzeln eines Baumes znni Vor¬
schein kamen. Zum Abwägen des Mehles wie anderer Materialien dienten
die Wagen. Besonders beliebt war die einarmige Wage mit einer Schale
lind dem Wagebalken, an dem das Gewicht hin- und hergeschoben werden
konnte. Abgemessen aber wurden die Getreidemengen in Hohlmaßen.
Auch von diesen sehen wir ein interessantes Stück von 17,47 Litern,