93
seinen Tod, und noch immer kann ich nicht ohne Thränen
an ihn zurück denken. O, er war ein so guter, ein recht
lieber Vater! — Meine arme Mutter arbeitete nun Tag
und Nacht, um etwas zuverdienen. Doch! wir vertrauten
auf Gott. An ihn hielten wir uns und waren deßhalb
auch zufrieden, ja manchen Tag noch recht vergnügt dabei,
wenn wir auch nur trockenes Brod hatten. Aber vor
einem halben Jahre wurde auch meine liebe Mutter krank.
Emilie. O, ihr armen Menschen! Wie groß muß euer
Elend gewesen fein!
Marie (weinend). Ach, die gute, liebe Mutter!-
Ich sah ihr Leiden, und konnte chr nicht helfen. In Got¬
tes Willen völlig ergeben bereitete sie mit allem Eifer sich
zum Tode. Ich hoffte jedoch immer noch auf ihre Gene¬
sung. Aber da wurde es auf einmal recht übel mit ihr.
Sie rief mich an ihr Bett, segnete mich und sagte mir,
daß sie sich dem Tode nahe fühle. Bald darauf verstummte
sie; — und starb. —
Emilie. Armes, armes Mädchen! Wie sehr dauerst
du mich! Ach, wer Vater und Mutter so jung verliert,
ist recht unglücklich. O, ich will doch täglich zu Gott beten,
daß er meine guten Eltern mir recht lange gesund erhalte.
Marie (ruhiger). Ich war nun ganz verlassen.-
Was sollte ich anfangen? — Als meine Mutter begraben
war, verließ ich das Dorf. Es gibt auf der Welt noch
gute Menschen, dachte ich, und Gott wird für mich sorgen.
Ihn w ll ich immer vor Augen haben, und immer fleißig
und redlich thun, was ich kann. Er wird dann mir hel¬
fen, und mir geben, was mir gut ist.
Emilie (bewegt). Gutes Mädchen, könnte ich dir doch
helfen! Aber warte, ich will meinen lieben Eltern erzählen,
was dir begegnet ist. (Emilie ging, kam aber bald wie¬
der und führte Maria zu den Eltern).
Mutter (gerührt). Du bist sehr zu bedauern, liebes
Kind. Willst du bei uns bleiben?
Emilie (bittend). Lieber Vater! liebe Mutter! o ja,
behaltet Marie bei Euch! Sie ist ja ganz verlassen!
Mutter. Wenn du willst, Marie! so kannst du bei uns
bleiben.
Marie (freudig gerührt). O, wie froh bin ich! Ja,