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16?. Die Kokospalme.
Die Kokospalme, die man mir Recht die Krone des Pflanzen¬
reiches nennt, findet sich zwischen den Wendekreisen in Ost- und
Westindien, in Afrika, in Südamerika und auf den Südfeeinseln.
Sie erhebt sich mit geradem, gleichförmigem Wüchse bis zur Höhe
von 60, ja selbst von 80 Fuß. Der Stamm ist knotig, fast wie
Rohr, und bis zum Gipfel hinauf ohne Zweige und Blatter. Oben
breitet sich die herrliche Krone von gefiederten Blattern aus, die
über 10 Fuß lang und Fuß breit sind. Sie hat das ganze Jahr
hindurch Blüthen und Früchte, welche nach und nach reifen. Die
Blüthe kommt aus den Winkeln der Blatter hervor, in Gestalt ei¬
nes mit einer Scheide bedekkten Kolbens ; die Scheide öffnet sich und
es entfaltet sich sodann die Blüthe in einem traubenartigen Büschel.
Die Früchte, Kokosnüsse, sind weiß, beinahe so groß wie der Kopf
eines kleinen Kindes, rund und von außen mit einer braungelben
faserigen Hülse überzogen, welche drei hervorstehende Nippen hat,
wodurch sie eine dreiekkige Gestalt bekommt. Die eigentliche Schaale,
welche den Kern umschließt, ist sehr dikk, hart, holzartig und lasst
sich drechseln und poliren. An einem Stengel sitzen zehn bis zwan¬
zig solcher Nüsse. Wenn sie halb reif sind, befindet sich ein wohl¬
riechendes, überaus schmakkhaftes, erfrischendes und gesundes Wasser
Kokosmilch genannt, darin, welches nicht nur den Durst löscht, son¬
dern auch wider mancherlei Krankheiten dient. Eine Nuss enthält
ein halbes bis ein ganzes Quart dieser Flüssigkeit. Öffnet man die
Schaale mit einem Messer, so springt das Wasser wie ein Spring¬
brunnen in die Höhe. Mit dem Alter der Nüsse verdikkt sich dieser
Milchsaft nach und nach und wird endlich zu einem festen Kerne;
doch behalt dieser in der Mitte immer noch eine Höhlung, welche
mit Saft angefüllt bleibt. Eine solche Nuss stillt also den Hunger
und den Durst zugleich. Man bereitet sie aber auch noch auf ver¬
schiedene Art zu und presst ein vortreffliches Öl, das eigentliche Palm¬
öl, aus dem Kerne, welches zum Brennen um so schätzbarer ist, weil
es eine sehr helle Flamme ohne Dampf und Geruch verbreitet; da¬
her zieht man es allen anderen Brennölen vor und treibt in ganz
Indien einen starken Handel damit. Ein anderes sogenanntes Öl
ist dasjenige, welches auf der Kokosmilch wie Nahm schwimmt, den
man abnimmt und wie Butter genießt, bevor er in Säuerung über¬
geht. Dieses Öl wird auch zum Einreiben der Haare, ja oft des
ganzen Körpers gebraucht; macht ihn glänzend, verhindert die zu
starke Ausdünstung innerhalb der heißen Zone und verscheucht die
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