Full text: Deutscher Schul-, Haus- und Kinderfreund

296 
Horch! furchtbar verkünden vom Thurm die Gefahr 
des FcuerhornS grässliche Stöße: 
Und näher und ferner, Gass' aus und Gaff' ein, 
hört lauter und lauter man: Feuer jetzt schrei'n. 
Und fürchterlich über die Giebel erhebt 
sich wirbelnd die rothbraune Säule; 
und Hilfe zu bringen die Menge nun strebt, 
verachtend in muthiger Eile 
die stürzenden Balken, die sengende Vlrkth 
und rettet die Menschen und rettet ihr Gut. 
Ach, aber wer ist die weiße Gestalt 
in rauchenocn Wolken versunken? 
Wo wilder es wirbelt und qualmet und wallt, 
durchzukkt von hellleuchtenden Funken? 
Die Störchin, die Arme, umkreiset, ihr Nest — 
die hilflosen Jungen, die halten sic fest' 
Und Mitleid ergreift alle Menschen: man sucht 
durch Werfen von Steinen und Stckken, 
durch laures Gelärme den Vogel zur Flucht 
vom rauchenden Giebel zu schrekkcn; 
o, eitles Beginnen! wo sparet der Muth 
der Mutter, beim sterbenden Kinde, das Blut? 
Und schwärzer und dichter bricht's oben hervor, 
hoch schlagen die leuchtenden Flammen! 
Schon züngeln sie prasselnd am Reisig empor, 
bald jetzt stürzt der Giebel zusammen. 
Und Hoffen und Hilfe die Störchin verlässt, 
sie sinkt ihre Flügel verbreitend auf's Nest. 
Uno — Jesus Maria! schallt's ängstlich und kalt 
durchschauert's die Menge, denn oben 
erblikkt sie im Rauch eines Jünglings Gestalt, 
den sprühende Funken umtoben; 
es hat sein hochschlagendrs Herz ihn gemahnt, 
und kühn durch die Flammen den Weg ihm gebahnt. 
Und Tausende beten: Belohne den Muth! — 
Und jauchzen: Das Ziel ist errungen.' 
Hoch hält er empor die gerettete Brut, 
und cs folget die Mutter den Jungen. 
Und jubelnd von brennender Leiter er springt, 
und jubelnd die Menge den Helden umringt. 
Und wo er jetzt wandelt, in Stadt und im Land, 
ihm lohnende Blikke begegnen. 
Es schütteln ihm Männer die kräftige Hand, 
die Herzen der Frauen ihn segnen! 
Ha! bot' ihm ein König für das einen Thron, 
er lachte wohl über den ärmlichen Lohn! 
Es haben die Bücher die männliche That 
mit Freuden der Nachwelt verkündet; 
doch — ungern erzähl' ich es — niemand noch hat 
den Namen des Thäters ergründet. 
(Mart. Asten.)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.