Full text: Deutscher Schul-, Haus- und Kinderfreund

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32) Ist es zu billigen, wenn Jemand seinen Vergnügungen 
nachgeht und darüber sein nützliches Gewerbe vernachlässigt und die 
Seinigen in Armuth bringt? 
33) Darf ich ein anvertrautes Gut, dessen Eigenthümer ge¬ 
storben ist und dessen Erben nichts davon wissen, es auch sehr gut 
entbehren können, und noch überdies sehr lieblos und geizig sind, be¬ 
halten, um damit den Armen wohlzuthun, oder andere heilsame und 
gemeinnützige Zwekke damit zu befördern? 
34) Georg der Zweite. König von Großbritannien, besuchte, 
wie sein Vater, oft seine deutschen Churlande. Einst fragte er den 
Präsidenten des Ober-Appellations-Gerichts zu Zelle an öffentlicher 
Tafel: „Wie kommt es, Herr Präsident, dass ich fast alle meine 
Prozesse beim Ober-Appellationsgericht verliere?^ Und dieser antwor¬ 
tete: „Weil Ew. Majestät gemeiniglich Unrecht habend 
Musste er so sprechen? oder sollte er vielleicht aus Furcht, die 
Gunst des Königs zu verlieren und seinen Unwillen sich zuzuziehen, 
eine andere Antwort geben? 
35) Einige Kinder hatten auf den Nachmittag unter einander 
ein Spiel verabredet, von welchem sie sich viel Vergnügen verspra¬ 
chen. Alle kamen, bis auf den kleinen Wilhelm und Ludwig. O, 
sagten die Kinder am Morgen darauf zu ihnen, das ist nicht recht, 
ihr habt nicht Wort gehalten. •—> Haben wir wohl Unrecht? fragten 
Wilhelm und Ludwig den Lehrer. Wilhelm wurde von dem Vater 
weggeschikkt, und Ludwig war mit seinen Arbeiten noch nicht fertig. 
Er hatte noch eine ganze Seite zu schreiben und auch noch ein 
Stükk auswendig zu lernen; darüber wurde es so spät, dass das 
Spiel gewiss schon ausgewesen wäre, wenn sie hingekommen wären. 
Was wird der Lehrer wohl gesagt haben? 
36) Ein sehr braver Mann, ein Vater vieler Kinder, ging am 
Ufer eines Flusses spazieren. Oben auf der Brükke stand ein Mann, 
welchen er als einen erzlüderlichen, schlechten Menschen kannte. Zu 
seinem Erstaunen stürzte der Mensch von der Brükke herunter, in¬ 
dem er sich über das Gemäuer derselben herüberbog, um einen Ge¬ 
genstand im Wasser recht genau anzusehen.— Helft! rettet! schrieen 
die Leute, welche auf der Brükke standen.— „Helfen!^ sagte der 
Mann, der am Ufer ging. „Nein! Nachspringen kann ich nicht, 
ob ich wohl ein Bischen schwimmen kann. Der Strudel ist zu ge¬ 
fährlich. ■—' Ein Menschenleben zu retten ist zwar eine wichtige 
Sache, — aber mein Leben ist es auch! —• Überdies bin ich Gatte, 
Vater, der Ertrunkene aber nicht; ich habe viele, noch unversorgte
	        
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