408
warnend hall' ich durch der Felsen Klüfte,
töne lustig, wo die Heerden ziehn;
Andacht wekk' ich in de^ Frommen Herzen,
jauchze bei der Ehe süßem Bund,
und der Trauernden verborgne Schmerzen,
mach' ich laut, doch ohne Zunge kund.
Selig der, dem jede Lebensstunde
als der Ruf zu reiner Lust erklingt,
dem mein letzter, leiser Hauch die Kunde
dcr Vergeltung schöner Thaten bringt.
404. Abendglökklein.
Glökklcin, Abendglökklein, laute Frieden, Freude allen Menschen zu.
Helle lass dein Lied erschallen
und bring Allen
eine sanfte Ruh.
Ruhe dem, dcr sorgt und weint,
Ruh dem Freunde und dem Feind;
allen Lieben bringe du
Rühe und auch mir dazu.
405. Des Armen Begräbniff.
Ein Glökklcin tönet leise,
das auf die letzte Reise,
in hergebrachter Weise,
entschlafene Pilger ruft.
Wie hieß der Lebensmüde,
dem jetzt dcr Gottcsfricde,
bei Glokkenklang und Liede,
erblüht aus offner Gruft?
Sieh' her, es ist ein Armer,
kein Freund folgt ihm, kein warmer,
befreundeter Erbarmer
aus seiner Vaterstadt;
vier Träger, fremde Leute,
sie schreiten kalt zur Seite,
sein einziges Geleite
zur kühlen Lagerstatt.
Fürbass, die Reih'n der Häuser
zieh'n schweigend, wie Karthäuser,
sie durch die Stadt der Kaiser,
durch's lebensfrohe Wien.
Die Thüren sind verschlossen,
das Leben sieht verdrossen —
genießend und genossen —
den Tod vorübcrzieh'n.
Und denkt auch keiner, keiner
der Lcbenssiolzen deiner —
dir folgt doch Einer, Einer:
der Sturm folgt dir zum Grab;
er peitscht die Sargtuchsäume,
das rohe Laub der Baume,
des Jahres letzte Träume,
streift er mit Saufen ab.
Doch wie sic wollen weiter,
gesellt sich noch ein Zweiter,
ein schweigender Begleiter,
gehüllt in grau Gewand.
Der Wind zieht scharf dem Alten
durch seines Mantels Falten;
doch folgt, unabgchalten,
dcr Greis zum Grabesrand.
Und murmelt: Diese Scholle
und eine Zähre rolle,
Lcclassncr, dir zum Zolle,
und deinem letzten Schmerz.
Den konnt' ich nicht versüßen;
doch ob sie all' dich ließen
und treulos dich verstießen:
hier klopft dir noch ein Herz!
Ein Herz, das warm empfindet,-
sich keiner Pflicht entwindet,
sich selber sucht und findet,
im Herrn und Bettler gleich.
Ach, Fürst und Unterthanen
geh'n nach durchlauf'ncn Bahnen,
erfüllt von gleichem Ahnen,
in's gleiche Himmelreich!
26 *