Full text: Lese- und Lehrbuch für den Bedarf der Volksschulen

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sehen und eine unerlaubte Neugierde, welche fremde Briefe 
erbricht und so das Briefgeheimniß verletzt, wird von der 
Obrigkeit streng bestraft. Damit nun aber der Inhalt des 
Briefes nicht von fremden Augen erforscht werden könne, 
muß der Brief sorgfältig verschlossen werden. Dieß ge¬ 
schieht nun, indem ich 
0. das beschriebene Blatt so zusammenlege, daß die Schrift 
verdeckt wird, und das Papier in einandergeschoben und 
versiegelt werden kann. 
b, Sicherer noch, wenn ich das beschriebene Blatt einfach 
zusammengebrochen mit einem Umschlage (Couvert) be¬ 
decke, welcher den Brief von allen Seiten einschließt, so 
daß er nach Eröffnung des Umschlags, (der Brieskapsel) 
unversehrt herausgezogen werden kann. 
c. In beiden Fällen den Brief versiegele, welches bei wich¬ 
tigern Briefen mit Lack, bei minder wichtigern, oder nicht 
weit gehenden mit Oblaten geschehen kann, auf welche 
vermittelst eines Petschafts ein Wappen oder Namenszug 
ausgedrückt wird. Bu Briefen, welche Geld od<r wich¬ 
tige Papiere, oder Kostbarkeiten in sich schließen, verlan¬ 
gen die Postbeamten, daß er mit fünf Siegeln verschlos¬ 
sen seyn soll. Dagegen geben sie auch aus solche Briefe, 
wenn es verlangt wird, einen Empfangschein (Pvstschein) 
und müssen, wenn sie verloren gehen, den vollen Werth 
ersetzen. 
61. Beispiele von Briefen. 
1. Eines Sohnes, der in der Fremde ist, an seinen Vater. 
Lieber Vater! Seitdem ich euch verlassen habe, bin ich, 
Gott sei Dank, immer gesund gewesen. Ich hätte zwar 
schon in der nächsten Stadt bei einem Meister Arbeit be¬ 
kommen können, aber um mich weiter in drr Welt um¬ 
zusehen, und da es mir durch eure Vorsorge an Geld nicht 
fehlte, so habe ich meine Reise bis hierher fortgesetzt, wo 
ich jetzt bei dem Meister N. N, in Arbeit stehe, und mich 
wohl befinde. Es wäre für einen Brief zu viel, wenn ich 
Euch Alles schreiben wollte, was ich gesehen und gehört 
habe, aber ich habe auf Euern Rath ein Tagebuch ange¬ 
fangen, in welches ich Alles aufzeichne, was mir begeg¬ 
net. Dieses Tagebuch will ich euch von Zeit zu Zeit schik-
	        
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