Full text: Lese- und Lehrbuch für den Bedarf der Volksschulen

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24. Die Temperamente. 
SDtc Gemüthsbewegungen oder Leidenschaften hängen 
großen Theils ab von der Gemüthsbeschaffenheit, 
oder idem Temperamente des Menschen. Man zahlt 
solcher Temperamente hauptsächlich vier, die sich aber bei 
keinem Menschen ganz rein finden; nämlich den Ueber- 
muth, den Leichtmuth, Schwermut!) und Gleich¬ 
mut!). 
Der Uebermuth, oder das feurige Temperament 
ist geneigt zurEhrbegierde, Großmuth, Arbeitsamkeit, Zorn, 
Verwegenheit. Es überschreitet in allen Leidenschaften die 
Schranken der Mäßigung, doch ist es mehr den reizenden als 
den niederschlagenden günstig; namentlich ist aufbrausende 
Hitze und Jähzorn dessen Fehler. Ost haben sehr edle Men¬ 
schen dieses Temperament und es geht viel Gutes aus dem¬ 
selben hervor, aber die Grausamkeit und Tollkühnheit ent¬ 
springen auch aus demselben. 
Blumen stein» der als Mörder hingerichtet wurde, hat¬ 
te ein solches feuriges Temperament; daher waren ausschwei¬ 
fende Hitze, unersättliche Ehrbegierde, rege Thätigkeit und 
lebendiger Eifer seine Tugenden und Laster. Der Löwe, der 
Adler, der Elephant, der Haushahn und andere Thiere ha¬ 
ben dieses Temperament, das dem Heldensinne, dem Tugend¬ 
eifer so sehr entspricht und unaussprechliches Gute wirkt, wenn 
es von der Vernunft im Zügel gehalten wird, das aber 
den Menschm zum wilden Thiere macht, sobald er diese 
Zügel abgeworfen hat. 
Otto war von einem heftigen Gemüthe Wenn seine 
Geschwister nicht nach seinem Sinne handelten, so schlug 
er auf sie zu und gerieth in eine Hitze, daß er oft nicht 
sahe, wo er hinschlug. Zwar weinte er dann selbst mit, 
wenn er sahe, daß er seinen Geschwistern weheaethan 
hatte und diese über ihre Schmerzen jammerten; aber er 
besserte sich nicht. Da züchtigte ihn sein Vater nicht nur 
zu wiederholten Malen, sondern erzählte ihm auch mehrere 
Beispiele, welche schreckliche Folgen eine solche Heftigkeit oft 
gehabt hat. Dadurch wurde Otto aufmerksam, lernte seine 
Hitze mäßigen, behielt aber das wohlthätige Feuer, das 
ihm Eifer und Kraft zu jeder Arbeit gab und eine Ehrbe¬ 
gierde, die/ wenn es Recht und Tugend galt, keine Ge-
	        
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