Full text: Lese- und Lehrbuch für den Bedarf der Volksschulen

6S 
Am Grab' ist Wahrheit — glaub es Sohn; 
Die bunte Täuschung flieht; 
Das Vorurtheil schleicht sich davon 
Die Leidenschaft verglüht; 
Des Goldes Zauberklang verhallt; 
Der Titel-Prunk zerfließt, 
Wenn dich in schauriger Gestalt 
Der Knochenmann begrüßt. 
Nur Menschenwohl, das du gebaut, 
Folgt dir zur Grube nach. 
Versüßt dir, wenn dein Scheitel graut, 
Des Alters Ungemach. 
Erhaben über Erdentand 
Bleibt dir dein Herz genug, 
Und Blumen streut des Enkels Hand 
Auf deinen Aschenkrug. 
Sohn, willst du, daß einst graues Haap 
Dir Schmuck und Ehre sei, 
So nimm das Wort des Greises wahr« 
Und acht' und üb' es treu! 
Sei thätig, warte deiner Pflicht, 
Auch wo sie Dornen streut, 
Und freue, wenn dein Auge bricht 
Dich deiner Redlichkeit. 
3. Der Zufriedene. 
Wohl dem, der in der Welt zufrieden, 
Und einig mit sich selber lebt! 
Ihm ist ein großes Gut beschieden, 
Wornach der Thor vergebens strebt. 
Er sieht mit ruhigem Gefühl 
Des Lebens buntes Gaukelspiel. 
Ihn kümmert nicht, das Andre haben, 
Was er ohn' allen Neid entbehrt, 
„Der Himmel hat der guten Gaben 
— So denkt er — mir genug bescheert." 
Sein Herz, der Tugend sich bewußt, 
Ist ihm genug zum Glück, zur Lust
	        
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