Pflanzenkunde; das Leben und die Entwicklung der Gewächse. 505
stehen. Ein einziger Baum nimmt oft eine weite Strecke Landes ein (er wird
auch Pagode genannt). — Aus dem Blatte dcö Sagobaums erwächst ein
ganzer Baum, der aus dem Blatte hervorsproßt.
26. Holzig gewordene Wurzeln, wie die von Pflaumenbäumen,
Pappeln, können Sprosse treiben und neue Gewächse bilden. Die¬
jenigen Wurzeln, welche sich in wagrechter Richtung verästeln
und der Erdoberfläche nahe kommen, welche Wurzeln man Thau-
wurzeln nennt, treiben manchmahl solche, Sprosse. — Die Wur¬
zeln von Rettichen und Rüben, welche anschwellen,, sind ZUM Theil untere
Stengel, zum Theil Wurzeln.
27. Die Säfte vieler Wurzeln sind sehr scharf, starkriechend,
sehr wirksam, wie die des Rettichs, der gelben Rübe, des Rhabarbers,
des Meerrettichs, der Petcrsilge, des Selleris, der Engelwurz, des Wasser¬
schierlings, k. rc Der verdickte Saft von der Wurzel des Arzneisteckenkrau¬
tes (einer Doldenart), Teufelsdreck oder stinkender Asand genannt,
riecht so stark, daß man ihn zu Schiff im Mastkorb aufbewahrt. Der Saft
dieser Wurzel heilt Wunden wie durch ein Wunder.
28. Was die Wurzeln als Nahrung einsaugen, ist Wasser,
welches kohlensaures Gas und andre kohlenstoffhaltige Stoffe,
welche Bestandtheile der Dammerde bilden, aufgelöst enthält.
Wasser, das zu viele und zu scharfe organische Stoffe aufgenom¬
men hat, wie die von einem Düngerhaufen abfließende Jauche,
ist für die Pflanze allzunährend, und daher verderblich. Einige
Pflanzen eignen sich aus dem Boden mineralische Salze (Seestrand¬
pflanzen), Kalkerde (Esparsette, Armleuchter) und Kieselerde (beson¬
ders die Gräser und Winterschafthalm, dessen Halm dadurch so rauh und
zum Polieren geeignet wird) an. Das Endspitzchen der Wurzel, wel-
.ches die Flüssigkeit einsaugt, ist ein Saugschwämmchen. Indem
die Wurzel vorwärts dringt, gewinnt sie neuen Boden und da¬
durch neuen Nahrungsstoff. In den holzigen Theilen des Stengels
steigt der aufgenommene Nahrungssaft aufwärts. In den Bäu¬
men nimmt er seinen Weg hauptsächlich durch den Splint oder
das junge Holz. Kurz vor der Zeit der Entwicklung der Knospe
ist die Saftbewegung am Stärksten. Ehe die Knospen sich entwik-
kelt haben, dringt der Saft in den Holzkörper ein"> der das Mark
umgibt. Darum darf im Frühjahr kein Holz gefällt werden, weil
der im Holz befindliche Saft dasselbe verdirbt. Solches Holz unter¬
liegt dem Zerstörungsschwamm und Wurmfraß sehr leicht. Der
Saft steigt in den Gefäßen, welche eigentlich nur länger ge-
Stern, unlcrnchtliches Lesebuch. 22