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standen. Ihr Gebiet reichte von Boston bis zur Halbinsel Florida und vom
Atlantischen Meer bis zu den Alleghanies. In Kanada und am Mississippi
herrschten dagegen die Franzosen. Als sich aber im Siebenjährigen Kriege
England mit Preußen gegen Frankreich verband, entbrannte auch in Nord-
amerika der Kampf. 1763 mußten die Franzosen Kanada an England abtreten.
Englands Macht war dadurch bedeutend gewachsen; aber der Krieg hatte auch
große Ausgaben verursacht. Die englische Regierung beschloß deshalb, in den
nordamerikanischen Staaten eine Stempelsteuer einzuführen, die zur Tilgung
der Staatsschuld dienen sollte. Die Amerikaner aber erklärten, daß England
kein Recht habe, ihnen ohne ihre Zustimmung Steuern aufzuerlegen. Ihre
Vorstellungen hatten Erfolg. Die Steuer wurde wieder aufgehoben, dafür
aber ein Einfuhrzoll auf Tee, Glas, Papier und Malerfarben gelegt. Die
Kaufleute von Boston beschlossen jedoch, keinen zollpflichtigen Artikel ein-
zulassen, und ihrem Beispiel folgten die übrigen Provinzen. So groß war
die Erbitterung über die neuen Abgaben, daß im Dezember 1773 einige als
Indianer verkleidete junge Leute aus Boston auf drei im Hafen liegende
englische Schiffe drangen und die Teeladung über Bord warfen. Zur Strafe
für diese Tat wurde der Hafen von Boston gesperrt. Aber die Vertreter
der 13 Staaten kamen zusammen und beschlossen, allen Handelsverkehr mit
dem Mutterland abzubrechen. Wollte England seinen Willen durchsetzen, so
mußte es Waffengewalt anwenden.
Anfangs wurde der Kampf von den Amerikanern nicht mit besonderem
Glück geführt. Als sich aber am 4. Juli 1776 die 13 Staaten unter dem
Namen „Vereinigte Staaten von Nordamerika" für unabhängig erklärten,
wurde der Krieg mit größerer Entschiedenheit geführt. Während sich der edle
Georg Washington an die Spitze des Heeres stellte, begab sich Benjamin
Franklin nach Paris, um Frankreichs Hilfe zu gewinnen. Trotzdem schien
die Sache der Amerikaner einen schlimmen Ausgang zu nehmen, als die
Engländer fremde Truppen in Sold nahmen. Leider fanden sich deutsche
Fürsten, die ihre Landeskinder an England gegen möglichst hohe Summen
verkauften. Hessen, Hannoveraner, Braunschweiger, Waldecker u. a. mußten
für die Engländer in Amerika kämpfen. Die junge Republik geriet in große
Not; aber sie führte den Kampf entschlossen fort. Endlich gelang es dem
Feldherrn Washington, dessen Heer von dem ehemals preußischen Offizier-
Friedrich Wilhelm von Stenben neu organisiert worden war, die
Hauptmacht der Engländer einzuschließen und zur Ergebung zu zwingen*).
England sah ein, daß es die Amerikaner nicht zu unterwerfen vermochte und
erkannte im Jahre 1783 ihre Unabhängigkeit an. Der erste Präsident war
Georg Washington, nach dem auch die Stadt genannt wurde, in der die neue
Regierung ihren Sitz aufschlug. Benjamin Franklin, der seinem Vaterland
die Unterstützung der Franzofen verschafft hatte, starb hochbetagt im Alter
von 84 Jahren.
*) Am 7. Dezember 1910 ehrte der Kongreß der Vereinigten Staaten die Verdienste
Steudens durch Errichtung eines Denkmals in Washington.