Verschiedenes.
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schmieriger. Dann ging es über die Seine, durch den Berg
und hinüber nach Versailles. Paris liegt so schön und
anmutig, die Seine schlängelt sich lieblich hindurch, rund¬
um sind Berge, große Parkanlagen, leuchtende Landhäuser,
sreundliche Vorstädte, aber warum muß Versailles in einer
so flachen, reizlosen Landschaft liegen? Ja, das muß es!
Denn es ist eine Schöpfung des Königs Ludwig XIV., dessen
prunkhafte, langweilige Größe sich gerade diese Gegend
aussuchte, um daselbst ein Riesenschloß erstehen zu lassen,
das ftir sich allein schön und großartig sein sollte, ohne
Hilfe der Natur. Und dieser selbige König zauberte hinter
dem Schloß einen Riesengarten hervor, der ganz sein eige¬
ner Garten sein sollte, seine eigene Schöpfung, die schön
sein sollte und großartig ohne Hilfe der Natur.
Und so standen wir denn auf dem großen freien Platz,
vor uns das gewaltige, kaum übersehbare Schloß mit
seinen endlosen Reihen mächtiger Fenster, und doch alles
so einförmig, so leer, so öde, wie der „Sonnenkönig" selbst,
dessen Residenz es gewesen ist. Heute ist der Bau un¬
bewohnt, er ist Eigentum der Nation und Eigentum auch
des ärmsten Franzosen, wenn man will. Denn jeder darf
durch die Prunksäle und Prunkzimmer wandeln, mit reinen
oder mit schmutzigen Schuhen, jeder darf sich rekeln und
darf schwatzen und lachen, wie er will, ohne Eintrittsgeld.
Eine lange, lange Reihe von Gemächern ist zu einer
Ruhmesgalerie umgestaltet: A Toutes les gloires de
la France! wo die Wände bedeckt sind mit Schlach¬
tengemälden aus allen ruhmreichen Kriegen der Fran¬
zosen. Es sind zu viel blutige Szenen, zu viel kriegerischer
Ruhm, so daß der Beschauer übersatt wird des Blutes
und bald nicht mehr imstande ist, jedes einzelne Kunst¬
werk gebührend zu würdigen und zu bewundern.
Gehen wir lieber in die Wohnräume des unglücklichen
Königspaares, deren Häupter unter dem Fallbeil gefallen
sind, Ludwigs XVI. und seiner österreichischen Gemahlin
Marie Antoinette. Als sie Hochzeit hielten, war es ein
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