Full text: Lesebuch für hannoversche Volksschulen

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angenehmste Jahreszeit. Linde wehen die Lüfte, und freund¬ 
lich, nicht mehr heiß, scheint die Sonne; freier athmen Mensch 
und Thier. Auch im October kommen noch viele schöne 
Tage. Mitte Novembers wird die Witterung rauh und kalt; 
aber der Februar ist schon ziemlich gelinde wieder. — Die 
Feuchtigkeit der Luft hat dem Lande herrlich grünende Wie¬ 
sen gegeben; daher eignet es sich vorzüglich zur Rindvieh- 
zucht. Nebel und Stürme sind häufig. Indes erfreuen die 
Einwohner sich einer guten Gesundheit, da die Seewinde die 
Luft reinigen. 
4. Da, wo die Küste endigt, fängt das Watt an, zur Flut¬ 
zeit ein See, den die Schiffe befahren, bei niedrigem Wasser 
eine trockne Fläche von etlichen Stunden Breite. Es ist am 
Fuße der Deiche oft begrünt, weiter entfernt Seeschlamm, 
Schlick genannt, mit sehr feinem Sand vermischt, und geht nach 
und nach in grobem Seesand über. An das Watt grenzen 
die Inseln, sieben an der Zahl, wovon sechs zu Hannover ge¬ 
hören, Sie ziehen sich eine bis zwei Stunden von der Küste 
entfernt von Osten nach Westen. Borkum ist die größte, 
% Stunde breit, iy2 Stunde lang; die übrigen sind länger, 
aber weniger breit. Sie bestehen' nur aus einer zwei- bis 
dreifachen Reihe von Sandhügeln (Dünen), die sich 20 bis 
50 Fuß erheben, theils kahl, theils mit Strandhafer bewachsen, 
und oft von seltsamer Gestalt; nur an der Südseite setzt sich 
ein wenig Schlamm an, da sind sie mit spärlichem Grase be¬ 
wachsen, das weniger. Kühen und Schafen zur Weide dient. 
Nur Borkum hat etwas Marschland. Dennoch sind alle Inseln 
bewohnt; die Bewohner nähren sich von Fischfang und Schif¬ 
fahrt. Viele Arme sind unter ihnen, besonders Witwen, was 
eine Folge der Beschäftigung der Männer ist. Ehedem waren 
die Inseln weit größer; Borkum war früher dreißigmal so groß. 
Unaufhörlich reißen die Meereswogen an ihnen, und sie werden 
vielleicht einst gänzlich verschwinden, gleichwie die weiter 
östlich gelegenen, von denen keine Spur mehr übrig ist. Sie 
dienen jetzt aber noch der Küste zur Schutzmauer, indem sie 
die Gewalt der Meeresfluten brechen; daher wird auch fort¬ 
während für ihre Erhaltung gesorgt, namentlich durch Befäung 
der Dünen mit Strandhafer. Auch dem Seefahrer gewähren 
sie bei Stürmen einen sichern Zufluchtsort. 
45. Norderney. 
1. Norderney ist die bevölkertste und Wegen ihres besuchten 
Seebades die merkwürdigste der Inseln Ostsrieslands. Man kann 
dieselbe zu Wasser und auch zu Lande erreichen. Während der Ebbe¬ 
zeit nemlich läuft das Wasser so bedeutend ab, daß die 1% Mei¬ 
len breite Strecke zwischen der Insel und der Küste, das sogenannte 
Watt, auf der am höchsten liegenden Stelle fast ganz trocken gelegt 
wird und die Badegäste zu Wagen und zu Pferde, auch, wenn sie
	        
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